Am 21.8.2018 ist das Vergaberechtsreformgesetz 2018 (BGBl. I Nr. 65/2018) mit seinen überwiegenden Teilen in Kraft getreten, mit dem das Richtlinienpaket aus dem Jahr 2014 in österreichisches Recht umgesetzt wird. Das neue Vergaberegime bringt wesentliche Änderungen für Auftraggeber und Auftragnehmer.

 Nachdem bereits im Jahr 2016 einzelne Bestimmungen des BVergG 2006 an die neuen Vergaberichtlinien angepasst wurden, folgt nunmehr die vollständige Umsetzung des EU-Richtlinienpaketes im Wege einer Neufassung des Bundesvergabegesetzes 2018 (BVergG 2018"). Auch wenn das BVergG 2018 eine Vielzahl von Änderungen aufweist, werden zumindest die bisherige Struktur des Gesetzes und grundsätzliche vergaberechtliche Mechanismen beibehalten.

Anwendungsbereich und Verfahrensarten

Abgesehen von terminologischen Änderungen bleibt etwa der persönliche Anwendungsbereich des BVergG 2018 gleich. Wie bisher gilt dieses nicht nur für Bund, Länder, Gemeinden und andere öffentliche Auftraggeber, sondern auch für Auftragsvergaben in bestimmten Sektoren, wie etwa der Wasser-und Energieversorgung und Teilen des öffentlichen Verkehrs.

Der Katalog der möglichen Verfahrensarten wurde um die sogenannte Innovationspartnerschaft erweitert. Hierbei handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren, bei dem geeignete Bewerber zur Abgabe von Angeboten über die Entwicklung einer innovativen Leistung aufgefordert werden. Auftragsinhalt ist die Entwicklung und der anschließende Erwerb der daraus hervorgehenden Leistung. Das offene und das nicht offene Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung werden auch in Zukunft die Regelverfahren darstellen,

 jedoch wurde der Anwendungsbereich für das Verhandlungsverfahren deutlich erweitert.

Verpflichtende E-Vergabe

Eine zentrale Neuerung des BVergG 2018 ist die Verpflichtung zur elektronischen Abwicklung von Vergabeverfahren (E-Vergaben") im Oberschwellenbereich ab dem 18.10.2018. Die bisher übliche Erstellung und Abgabe von Angeboten in Papierform wird nur mehr im Unterschwellenbereich zulässig sein.

Unternehmer werden somit nur mehr dann an Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich teilnehmen können, wenn sie über die technischen Möglichkeiten für die Teilnahme an E-Vergaben verfügen und ihre Mitarbeiter entsprechend eingeschult sind. Insbesondere wird für die Unterfertigung elektronischer Angebote eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich sein. Zu beachten ist, dass auch bei dieser unbedingt eine Unterfertigung durch vertretungsbefugte Personen zu erfolgen hat, andernfalls das Angebot auszuscheiden ist.

Da in den letzten Jahren lediglich einzelne Auftraggeber bereits die Abgabe elektronischer Angebote vorgesehen haben, wird die E-Vergabe für viele Unternehmer und kleinere Auftraggeber Neuland darstellen.

Verschärfungen bei Ausschlussgründen

Von besonderer Relevanz ist auch die Verschärfung des Katalogs der Ausschlussgründe (§ 78 Abs 1 BVergG 2018).

Insbesondere zu beachten ist der neue Ausschlussgrund der erheblichen oder dauerhaften Mängel" bei einem früheren Auftrag, die die Vertragsbeendigung, Schadenersatz oder vergleichbare Sanktionen nach sich gezogen haben. Dieser frühere Auftrag kann auch ein solcher eines anderen Auftraggebers gewesen sein; für den Ausschluss ist also nicht erforderlich, dass der konkrete Auftraggeber selbst schlechte Erfahrungen" mit dem betreffenden Unternehmer gemacht hat.

Weiters ist ein Ausschluss dann möglich, wenn bloß hinreichend plausible Anhaltspunkte" für nachteilige Abreden mit anderen Unternehmern – insbesondere wettbewerbsverzerrende Abreden – vorliegen. Dieser Ausschlussgrund ist aus Unternehmersicht insofern besonders kritisch, als die Entscheidung, ob die geforderten hinreichend plausiblen Anhaltspunkte" vorliegen, allein der Einschätzung des Auftraggebers obliegt. Es ist davon auszugehen, dass dieser Ausschlussgrund einigen Zündstoff für Nachprüfungsverfahren liefern wird.

Neu ist auch der Ausschlussgrund der versuchten unzulässigen Beeinflussung der Entscheidungsfindung des Auftraggebers bzw. der versuchten Erlangung vertraulicher Informationen, durch die der Unternehmer unzulässige Vorteile im Verfahren erlangen könnte. Bei Kontaktaufnahme mit Auftraggebern während laufender Vergabeverfahren ist daher zu erhöhter Vorsicht zu raten.

Da nunmehr auch die bloß fahrlässige Übermittlung unrichtiger eignungs-oder zuschlagsrelevanter Informationen an den Auftraggeber sowie der Versuch der Übermittlung solcher Informationen einen Ausschlussgrund darstellen, wird bei der Erstellung von Angeboten sowie bei Aufklärungen im Zuge der Angebotsprüfung eine erhöhte Sorgfalt einzuhalten sein.

Interpretationsspielraum bietet die Regelung, wonach der Auftraggeber Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen hat, wenn ein Interessenkonflikt nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen vermieden werden kann. Gemäß § 26 BVergG 2018 liegt es jedoch in erster Linie am Auftraggeber, geeignete Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung, Aufdeckung und Behebung von Interessenkonflikten zu treffen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und eine Gleichbehandlung aller Unternehmer zu gewährleisten. Dieser Ausschlussgrund kann daher nur die ultima ratio" darstellen.

Juristische Personen sind nunmehr auch dann auszuschließen, wenn rechtskräftige Verurteilungen von Organmitgliedern oder sonstigen Personen mit Entscheidungs-oder Kontrollbefugnis vorliegen. Bei Organmitgliedern führt darüber hinaus auch das Vorliegen sonstiger Ausschlussgründe zu einem Ausschluss des Unternehmens.

Angesichts dieser Verschärfungen ist aus Unternehmersicht durchaus erfreulich, dass die Nichterfüllung der Verpflichtung zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, Steuern und Abgaben nur mehr dann einen Ausschlussgrund darstellt, wenn diese durch eine rechtskräftige Gerichts-oder Verwaltungsentscheidung festgestellt oder vom Auftraggeber zumindest auf andere geeignete Weise nachgewiesen wurde. Unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere bei Vorliegen einer Zahlungsvereinbarung oder nur geringfügigen Rückständen) ist ein Ausschluss aus diesem Grund überhaupt unzulässig. Von einem Ausschluss wegen Insolvenz oder Liquidation kann abgesehen werden, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des konkreten Auftrages dennoch ausreicht.

Anforderungen an Selbstreinigung erhöht

Auch die Anforderungen an die sogenannte Selbstreinigung wurden massiv erhöht. Diese ist gemäß § 83 Abs 2 BVergG 2018 nur mehr bei kumulativem Vorliegen mehrerer Voraussetzungen möglich. Neben der bereits bekannten Setzung effektiver Maßnahmen müssen Unternehmer auch einen Ausgleich für jeglichen durch die Straftat oder Verfehlung verursachten Schaden geleistet oder sich zur Leistung eines solchen Ausgleichs zumindest verpflichtet haben. Außerdem wird eine umfassende Mitwirkung an der Klärung der Straftat oder Verfehlung durch aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden gefordert.

Werden keine oder nur unzureichende Maßnahmen gesetzt, kann der Unternehmer je nach Ausschlussgrund für höchstens drei bzw. fünf Jahre von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Ebenfalls relevant ist in diesem Zusammenhang die neue Bestimmung des § 83 Abs 4 BVergG 2018, wonach Unternehmer dann keine Selbstreinigung vornehmen können, wenn sie in einem anderen EWR-Staat durch rechtskräftige Entscheidung eines Gerichts von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen wurden (Blacklisting"). In einem solchen Fall ist der Unternehmer für die Dauer des in der Entscheidung festgelegten Ausschlusszeitraums zwingend auch in Österreich von Vergabeverfahren auszuschließen.

Einschränkung der Berufung auf

Subunternehmer

Hervorzuheben ist auch die im BVergG 2018 nunmehr ausdrücklich enthaltene Einschränkung, wonach sich ein Unternehmer nur auf die Kapazitäten jener Unternehmer stützen [kann], die die Leistung tatsächlich erbringen werden, für die diese Kapazitäten benötigt werden". Die Berufung auf Referenzen eines Subunternehmers ist somit nur mehr dann möglich, wenn dieser die relevanten Leistungen tatsächlich selbst ausführt. Damit soll das sogenannte Referenz-Shopping" unterbunden werden.

Dem Auftraggeber sind künftig spätestens bei Beginn der Leistungserbringung die Kontaktdaten und vertretungsbefugten Personen der eingesetzten Subunternehmer bekannt zu geben.

Erschwernisse bei Eignungsnachweisen

Klassische" Auftraggeber dürfen im Oberschwellenbereich nur mehr die sogenannte Einheitliche Europäische Eigenerklärung" akzeptieren, selbst verfasste Eigenerklärungen sind nur mehr im Unterschwellenbereich sowie im Sektorenbereich zulässig.

Die Möglichkeit des Verweises auf Datenbanken wurde insofern eingeschränkt, als die betreffenden Datenbanken für den Auftraggeber gebührenfrei zugänglich sein müssen. Der bisher sehr beliebte ANKÖ-Verweis ist somit nur mehr dann möglich, wenn der Auftraggeber bereits Kunde beim ANKÖ ist.

Ebenfalls eingeschränkt wurde die Möglichkeit der Vorlage von gleichwertigen Alternativnachweisen; diese sind nur mehr zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zulässig. Sämtliche übrigen Eignungskriterien sind ausschließlich durch die vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen nachzuweisen.

Eine willkommene Erleichterung stellt hingegen die neue Regelung dar, wonach Nachweise bei Verfahren im Oberschwellenbereich nicht nochmals vorzulegen sind, wenn diese dem Auftraggeber bereits aus einem früheren Verfahren bekannt sind.

Änderungen im vergaberechtlichen Rechtsschutz

Aufgrund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gibt es mit dem BVergG 2018 zwar weiterhin ein einheitliches materielles Vergaberecht; der den Bietern eingeräumte Rechtsschutz ist aber nach wie vor zersplittert, da es weiterhin verschiedene Vergabekontrollbehörden auf Bundes-und Landesebene sowie insgesamt zehn unterschiedliche Rechtsschutzgesetze gibt. Dazu kommen noch die Sonderregeln im Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit (BVergGVS 2012) und im neuen Bundesvergabegesetz Konzessionen (BVergGKonz 2018).

Sowohl im Bundes-als auch im Länderbereich besteht der vergabespezifische Rechtsschutz aus Nachprüfungsverfahren zur Nichtigerklärung sogenannter gesondert anfechtbarer Entscheidungen, Provisorialverfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen und Feststellungsverfahren für die Zeit nach Abschluss des Vergabeverfahrens.

Die wesentlichste Änderung im Rechtsschutz resultiert aus geänderten Fristen. So beträgt die Stillhaltefrist nach Bekanntgabe der Widerrufs-und Zuschlagsentscheidung nunmehr sowohl im Unter-als auch im Oberschwellenbereich bei elektronischer

Übermittlung (Regelfall) generell 10 Tage. Dementsprechend wurde auch die Anfechtungsfrist einheitlich auf 10 Tage festgesetzt (§ 343 BVergG 2018). Dadurch wurde eine potentielle Fehlerquelle insbesondere bei zu Unrecht im Unterschwellenbereich durchgeführten Vergabeverfahren beseitigt. Zu beachten ist jedoch, dass einzelne Rechtsschutzgesetze der Länder bis zur vollständigen Angleichung an die Regelung im Bundesbereich noch eine Frist für Nachprüfungsanträge im Unterschwellenbereich von 7 Tagen enthalten können, sodass in einer Übergangsphase die Stillhaltefrist länger sein kann als die verfahrensrechtliche Anfechtungsfrist.

Zu einer Verschärfung im Rechtsschutz können die verkürzten Teilnahmeantrags- und Angebotsfristen führen. So hat die vom Auftraggeber festzusetzende Angebotsfrist im offenen Verfahren mindestens 30 Tage (statt bisher 52 Tage) zu betragen, bei zweistufigen Verfahren mindestens 25 Tage. Bei beschleunigten Verfahren nach Vorinformation bzw. bei Dringlichkeit ist sogar eine Verkürzung auf 15 bzw. 10 Tage möglich. Im Unterschwellenbereich beträgt die Angebotsfrist mindestens 20 Tage, bei zweistufigen Verfahren lediglich 10 Tage.

Die Frist für Feststellungsanträge beträgt sechs Monate ab (möglicher) Kenntniserlangung vom Zuschlag oder Widerruf.

Neu ist auch, dass zentrale Beschaffungsstellen als Partei an die Stelle des eigentlichen Auftraggebers treten, wenn sie das Vergabeverfahren als vergebende Stelle durchführen; der Auftraggeber kann dem Rechtsschutzverfahren jedoch als Nebenintervenient beitreten. Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern durchgeführt, bilden diese eine Streitgenossenschaft. Die Bestimmungen der ZPO gelten sinngemäß.

Das ist deshalb relevant, weil Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung bis spätestens 7 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist beim zuständigen Verwaltungsgericht eingebracht werden müssen, sofern die Angebots-bzw. Teilnahmefrist mehr als 17 Tage beträgt; ist diese Frist kürzer, sind Nachprüfungsanträge gegen die Ausschreibung binnen zehn Tagen ab Bekanntmachung einzubringen. Somit steht Unternehmern in Zukunft nur mehr ein sehr kurzes Zeitfenster zur Verfügung, die Ausschreibungsunterlagen auf Rechtswidrigkeiten zu prüfen und diese anzufechten.

Die wichtigsten Neuerungen des BVergG 2018 auf einen Blick:

  • Verpflichtende E-Vergabe im Oberschwellenbereich ab 18.10.2018
  • Verschärfungen und Erschwernisse bei Ausschlussgründen und Selbstreinigung
  • Eingeschränkte Möglichkeit der Berufung auf Subunternehmer
  • Wesentliche Änderungen bei Eignungsnachweisen
  • Verschärfungen im Rechtsschutz durch Verkürzung von Teilnahmeantrags- und Angebotsfristen
  • Vereinheitlichte Stillhaltefristen im Ober-und Unterschwellenbereich

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