Entgegen allen Gerüchten: (Noch) keine verpflichtende BIM-Anwendung für öffentliche Bauaufträge

Spätestens seitdem das Europäische Parlament 2014 einen Änderungsantrag zu den damaligen Entwürfen der EU-Vergaberichtlinien (2014/24/EU, 2014/25/EU) einbrachte, der eine Verpflichtung für öffentliche Auftraggeber enthielt, bei Ausschreibungen Building Information Modeling (BIM) zu verwenden, verbreiteten sich die entsprechenden Schlagzeilen auch in Österreich. "BIM ab 2018 für öffentliche Bauherren verpflichtend!" war etwa zu lesen. Solche Meldungen halten sich bis heute. Letztendlich hat es die EU jedoch den Mitgliedsstaaten überlassen, BIM verpflichtend oder nur freiwillig vorzusehen.

Der österreichische Gesetzgeber hat sich (vorerst) gegen eine Verpflichtung entschieden. Im kürzlich veröffentlichten neuen Entwurf für das Bundesvergabegesetz (BVergG) 2018 wird BIM mit keinem Wort erwähnt. Lediglich in den Erläuterungen wird "bestätigt", dass BIM nicht zwingend vorgeschrieben werde. Es besteht daher – entgegen allen Gerüchten und Schlagzeilen – auch nach dem neuen BVergG 2018 keine Verpflichtung für öffentliche Auftraggeber, BIM zu nutzen.

Zu betonen ist freilich, dass öffentliche Auftraggeber bereits jetzt die Möglichkeit haben, BIM bei Ausschreibungen vorzuschreiben. Die technischen Grundlagen dafür wurden mit der ÖNORM-Reihe A 6241 geschaffen. Weiters muss man kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass BIM – freiwillig oder (sukzessive) verpflichtend – auch in Österreich kommen wird. Die Frage ist bloß, wann.

Die Dynamik hin zu kompletter Digitalisierung schreitet in der EU voran, sodass Österreich nicht auf Dauer abseits stehen wird können. In Großbritannien, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern ist BIM für öffentliche Auftraggeber bereits weitgehend verpflichtend. Das deutsche Verkehrsministerium will BIM bis 2020 zum Standard machen. Und auch in Österreich wurden schon BIM-Projekte initiiert, und viele Player – etwa in der Baubranche – sind längst BIM-Profis.

Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass auf Auftraggeber, die BIM vorschreiben wollen, beträchtliche Herausforderungen zukommen. Nach wie vor müssen – auf bereits erzielten Fortschritten aufbauend – strukturelle Probleme wie etwa die Vereinheitlichung von Standards, Begrifflichkeiten, Prozessen und Schnittstellen optimal gelöst werden. Darüber hinaus gilt es, BIM-Ausschreibungen vergaberechtlich "anfechtungssicher" zu gestalten und eine Vielzahl von Fragen (bau)vertragsrechtlich zu regeln. Auf den ersten "Pionier" unter den Auftraggebern, der sich diesen Herausforderungen stellt, gilt es wohl noch eine Weile zu warten. Vorbereitet auf diesen Tag X sollten potentielle Bewerber und Bieter, aber auch Auftraggeber, die ihrerseits von den unbestreitbaren Vorteilen von BIM profitieren wollen, indes so früh als möglich sein.

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