Der Gesetzesentwurf zur Zulassung außergerichtlicher Einigungen außerhalb des gerichtlichen Insolvenzverfahrens (WHOA; Wetsvoorstel Homologatie Onderhands Akkoord) wurde dem niederländischen Parlament bereits vorgelegt. Wesentliche Änderung ist die Einführung einer erzwungenen Umstrukturierung mit Zwangsausgleich, soweit dies für das jeweilig betroffene Unternehmen noch sinnvoll erscheint. Dies stellt eine deutliche Kursänderung zum bisher geltenden Insolvenzrecht dar. Das WHOA tritt voraussichtlich im Jahr 2020 in Kraft.

Ziel des Gesetzes

Mit dem WHOA soll der Fortbestand eines Unternehmens, das sich in der Krise befindet, gesichert werden. Dem Schuldner werden vollständig neue Sanierungsmethoden zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe die Gläubiger und Gesellschafter des Unternehmens einen außergerichtlichen Sanierungsplan erarbeiten können. Dies ermöglicht es den Sanierungsplan auf die individuelle Situation und Bedürfnisse des Unternehmens abzustimmen, wobei die Kontrolle bzw. Leitung des Unternehmens nicht an einen Insolvenzverwalter abgegeben werden muss.

Mit der gerichtlichen Genehmigung erhält der Sanierungsplan Bindungswirkung für alle Beteiligten. Dazu ist erforderlich, dass eine qualifizierte Mehrheit der Gläubiger für die Umsetzung des Sanierungsplans stimmen und zudem bestimmte weitere notwendige Voraussetzungen erfüllt sind. Anzumerken ist, dass die Bindungswirkung der gerichtlichen Genehmigung auch für solche Gläubiger gilt, die dem Sanierungsplan nicht zugestimmt haben.

Der derzeitige Entwurf des WHOA wurde im Gesetzgebungsverfahren um eine Spezialzuständigkeit von WHOA-Angelegenheiten ergänzt, wobei die dafür zuständigen Richter ausschließlich WHOA-Angelegenheiten bearbeiten. Mit dieser Regelung erhofft sich der Gesetzgeber eine bessere Vorhersehbarkeit der Entscheidungen, sowie soll die Spezialzuständigkeit der Verfahrenseffizienz dienen.

Die wichtigsten Merkmale des WHOA

Für wen ist das Gesetz bestimmt?

Eine der wichtigsten Neuerungen des WHOA ist, dass es ein öffentliches und ein nichtöffentliches Verfahren geben wird.

Öffentliches WHOA-Verfahren

Das sogenannte "öffentliche WHOA-Verfahren" steht Schuldnern zur Verfügung, deren hauptsächlicher Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen Interessen in den Niederlanden liegt. Dieses Verfahren entspricht der europäischen Insolvenzverordnung und wird damit automatisch in allen Mitgliedstaaten der EU, mit Ausnahme von Dänemark, anerkannt.

Nichtöffentliches WHOA-Verfahren

Das sogenannte "nichtöffentliche WHOA-Verfahren" bietet einer großen Anzahl von ausländischen Unternehmen die Möglichkeit vom neuen WHOA-Verfahren zu profitieren. Dieses Verfahren steht daher zusätzlich auch solchen Schuldnern zur Verfügung, deren hauptsächlicher Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen Interessen nicht in den Niederlanden liegt, solange sie ihren Firmensitz innerhalb der EU haben und ein ausreichend enger Bezug zu den Niederlanden besteht.

Beispiele für einen solchen ausreichend engen Bezug" sind in den Erläuterungen zum Gesetz aufgezählt, wie:

  • Der Schuldner hat umfangreiche Aktiva in den Niederlanden;
  • Ein beträchtlicher Teil der Schulden, die unter den Sanierungsplan fallen würden, unterliegen dem niederländischen Gesetz oder einer Rechtswahl für niederländisches Recht;
  • Der Schuldner gehört zu einer Unternehmensgruppe, von der ein beträchtlicher Teil der Konzerngesellschaften ihren Sitz in den Niederlanden hat;
  • Der Schuldner bürgt für Schulden eines anderen Schuldners, für die ein niederländisches Gericht zuständig ist.

Das nichtöffentliche WHOA-Verfahren entspricht nicht der europäischen Insolvenzverordnung, weshalb die Anerkennung einer derartigen Entscheidung nach den allgemeinen Vorschriften für die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen erforderlich ist.

Mehr Einfluss für Minderheitsgläubiger

Eine Besonderheit am WHOA ist, dass ein Minderheitsgläubiger bzw. Minderheitsgesellschafter, der dem Sanierungsplan nicht zugestimmt hat,, aufgrund der Mehrheitsentscheidung der Gläubiger und Gesellschafter, dennoch an den Sanierungsplan gebunden sind.

Das WHOA sieht die Möglichkeit vor, dass durch den Sanierungsplan die Rechte aller Gläubiger und Gesellschafter geändert werden können. Das gleiche gilt für Gläubiger, die Sicherheiten gewährt haben bzw. bevorrechtigt sind.

Nach dem WHOA können verschiedene Gläubigerklassen gebildet werden. Diese Klassifizierung darf vom Schuldner vorgenommen werden, der an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles, die notwendigen Gläubigerklassen zu bestimmen hat. Das Gesetz schreibt im Wesentlichen dafür keine bestimmen Kriterien vor. Voraussetzung ist nur, dass Gläubiger und Gesellschafter deren Rechte (z.B. Absonderungsberechtigte oder Massegläubiger) nicht vergleichbar sind, in unterschiedlichen Klassen eingeteilt werden müssen. Rechte von Arbeitnehmern dürfen durch den Sanierungsplan jedoch nicht geändert werden.

Die Klassifizierung der Gläubiger wird dadurch bestätigt, wenn die einzelnen Klassen mit einer 2/3-Mehrheit dem Sanierungsplan zustimmen. Die Stimmen ermitteln sich aufgrund der Höhe der Gläubigerforderung.

Selbst für den Fall, dass eine oder mehrere Klasse/n gegen den Sanierungsplan stimmen, kann das Gericht den Sanierungsplan unter bestimmten Bedingungen genehmigen. In diesem Fall muss aber zumindest eine Klasse zugestimmt haben und die Verteilung der Insolvenzmasse, die durch den Sanierungsplan geregelt wird, darf nicht (mit Ausnahmen) von der gesetzlichen Rangordnung abweichen.

Welche Möglichkeiten bietet der Sanierungsplan?

Besonders interessant am WHOA sind die darin vorgesehenen Regelungen, mit denen der Schuldner während des WHOA-Verfahrens geschützt und die Durchführung des Sanierungsplans unterstützt werden soll.

Sowohl das zuständige Insolvenzgericht, als auch ein Sachverständiger, der auf Antrag durch das Gericht bestellt werden kann, erhalten eine Reihe von Befugnissen, um den Sanierungsplan durchzuführen, wie z. B. die Benennung eines Beobachters, der die Interessen aller Gläubiger bei der Ausführung des Sanierungsplans sichern soll oder die Erstellung des Sanierungsplans durch einen Sanierungssachverständigen.

Warum ist das interessant?

Niederländischen Betrieben wird mit dem WHOA die Möglichkeit geboten, eine Sanierung durchzuführen ohne Insolvenz anmelden zu müssen.
Internationale Unternehmensgruppen, die einen Bezug zu den Niederlanden haben, können die (nichtöffentliche) WHOA ebenfalls als Sanierungsmittel nutzen, da es eine effektive, schnelle und relativ preiswerte Alternative zum amerikanischen

Anregung für die Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/10

Schließlich kann das WHOA als Anregung für andere Mitgliedstaaten der EU dienen, die EU-Richtlinie 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie EU 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) umzusetzen.

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