Die in § 12 bzw § 185 Bundesvergabegesetz 2018 ("BVergG 2018") normierten Schwellenwerte stellen die Grenze ("Schwelle") zwischen dem sog Oberschwellenbereich ("OSB") und dem Unterschwellenbereich ("USB") dar.

Diese Grenze ist im Vergaberecht insb deshalb von zentraler Bedeutung, weil:

  • die europäischen Vergaberichtlinien nur oberhalb der Schellenwerte, also im OSB, zur Anwendung gelangen. Darunter sind die Grundsätze des AEUV zu beachten;
  • die Bekanntmachungsregeln für den OSB anders normiert sind als für den USB: So hat bspw eine EU-weite Bekanntmachung nur im OSB zu erfolgen;
  • das BVergG 2018 die öffentliche Auftragsvergabe zwar sowohl für den OSB als auch für den USB regelt, im USB aber bspw Erleichterungen bei der Wahl des Vergabeverfahrens vorliegen;
  • diese auch bei der Wahl des Verfahrenstypus beachtet werden müssen. So dürfen bspw Direktvergaben nur unter gewissen Schwellenwerten durchgeführt werden (s dazu sogleich unter Pkt 2);
  • im "klassischen Bereich" andere Schwellenwerte einschlägig sind als im Sektorenbereich oder auch im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (gem BVergGVS 2012).

Entscheidend für das Erreichen eines Schwellenwerts ist die jeweilige Auftragswertschätzung des Auftraggebers gem §§ 13 ff BVergG 2018.

Diese Schwellenwerte, die die Unterscheidung zw OSB und USB betreffen, sind zu unterscheiden von der hier gegenständlichen Schwellenwerteverordnung, mit der auf Grundlage der Verordnungsermächtigung in §§ 19 und 192 BVergG 2018 die Sub-Schwellenwerte für Unterschwellenverfahren (zB nicht offenes Verfahren ohne Bekanntmachung, Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung oder Direktvergabe) festgelegt werden.

Inkrafttreten der Schwellenwerteverordnung 2023

Die mit Inkrafttreten der Schwellenwerteverordnung 2023 (BGBl II Nr 34/2023) am 07.02.2023 festgelegten Schwellenwerte ersetzen zwar die mit der Schwellenwerteverordnung 2018 (BGBl II Nr 211/2018) normierten Schwellenwerte und gelten für die seit 07.02.2023 eingeleiteten Vergabeverfahren, haben diese bis 31.12.2022 gültigen Schwellenwerte aber nicht geändert. Mit Inkrafttreten der Schwellenwerteverordnung 2023 werden daher im Ergebnis die bis zum Auslaufen der Schwellenwerteverordnung 2018 am 31.12.2022 anzuwendenden Schwellenwerte wieder in Kraft gesetzt. Auftraggeber können daher ua (wieder) Direktvergaben bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 100.000 wählen.

Der Vollständigkeit und Übersichtlichkeit halber haben wir die seit 07.02.2023 geltenden Schwellenwerte nachfolgend nach Verfahrens- und Auftragsart zusammengefasst:

Verfahrensart Auftragsart Bereich Schwellenwert
(bis 30.06.2023)
Nicht offenes
Verfahren ohne vorherige
Bekanntmachung
Bauaufträge USB EUR 1.000.000
Nicht offenes
Verfahren ohne vorherige
Bekanntmachung
Lieferaufträge
Dienstleistungs-
aufträge
USB EUR 100.000
Verhandlungs-
verfahren ohne vorherige Bekanntmachung
Bauaufträge
Lieferaufträge
Dienstleistungs-
aufträge
USB EUR 100.000
Direktvergabe Bauaufträge
Lieferaufträge
Dienstleistungs-
aufträge
USB EUR 100.000


Außerkrafttreten und Ausblick

Die Schwellenwerteverordnung 2023 wird mit Ablauf des 30.06.2023 außer Kraft treten. Ob die bisherig gültigen Schwellenwerte danach weiterhin unverändert oder in geänderter Form anzuwenden sein werden, ist bisher unbekannt. Bekannt ist, dass das BMJ in der Zeit bis 30.06.2023 evaluieren wird, ob und in welcher Form die Schwellenwerteverordnung noch verlängert wird. Sollte es zu keiner Verlängerung bzw neuen Schwellenwerteverordnung kommen, wären wiederum (wie auch schon von 01.01.2023 bis 06.02.2023) die im BVergG 2018 normierten (ursprünglichen) Schwellenwerte anzuwenden. Dies sollten Auftraggeber vor dem Hintergrund der uE unsicheren Aussichten für die Zeit nach dem 30.06.2023 in ihren Ausschreibungsplanungen berücksichtigen.

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