In Krisensituationen kommt es zu einer Kompetenzverschiebung von der Geschäftsleitung hin zum Verwaltungsrat. Dieser Leitfaden soll Verwaltungsräten sowie anderen Entscheidungsträgern eine Übersicht über die zentralen Massnahmen, Pflichten und rechtlichen Besonderheiten geben. Insbesondere die folgenden Punkte sind aus unserer Erfahrung zu beachten:

  • Handlungspflicht des Verwaltungsrates: In Krisensituationen muss der Verwaltungsrat "das Zepter in die Hand nehmen", die Geschäftsführung enger überwachen und dazu geeignete Reporting-Systeme implementieren.
  • Realistische Analyse notwendig: Droht eine Verschlechterung der finanziellen Situation, hat der Verwaltungsrat umgehend eine realistische Analyse der Ist-Situation vorzunehmen. Dabei empfehlen wir eine frühzeitige Kommunikation mit dem Revisor betreffend Going Concern und Bewertungsfragen.
  • Liquidität ist zentral: Planung, Überwachung und Sicherung der Liquidität sind absolut zentral. Liquiditätssichernde Massnahmen sind frühzeitig zu ergreifen, und ein geeignetes Überwachungssystem ist zu implementieren (sofern nicht bereits vorhanden).
  • Keine Konzernsicht in der Schweiz: Der Verwaltungsrat muss die Interessen seiner jeweiligen Gruppengesellschaft (und deren Gläubiger) wahren. Bestehende Konzernbeziehungen und -abhängigkeiten sind daher kritisch zu hinterfragen. Bei up-/cross-stream-Leistungen und Cash Pooling ist besondere Vorsicht geboten.
  • Sanierungsmassnahmen frühzeitig ergreifen: Neben den unmittelbar liquiditätssichernden Massnahmen hat der Verwaltungsrat frühzeitig Sanierungsmassnahmen zu ergreifen: (i) operative und organisatorische Massnahmen, (ii) Kapitalmassnahmen mit Mittelzufluss und (iii) Kapitalmassnahmen ohne Mittelzufluss bzw. eine Kombination derselben.
  • Zahlungsrestriktionen beachten: Als generelle Regel sollte eine Gesellschaft in finanziellen Schwierigkeiten (i) Forderungen nicht vor Fälligkeit bezahlen, (ii) keine Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten gewähren und (iii) Geldschulden nicht durch unübliche Zahlungsmittel tilgen.
  • Notifikationen vornehmen: Der Verwaltungsrat hat allfälligen Notifikationspflichten unter Kreditverträgen, D&O-Versicherungen etc. nachzukommen.
  • Einleitung von Nachlass- und Insolvenzverfahren: Zeigt sich, dass eine privatrechtliche Sanierung trotz ergriffener Massnahmen nicht mehr möglich ist, stehen dem Verwaltungsrat grundsätzlich drei Nachlass- und Insolvenzverfahren zur Verfügung: COVID-19 Stundung, Nachlassverfahren oder Konkurs. Falls die Gesellschaft überschuldet ist, hat der Verwaltungsrat zudem unter Umständen die Pflicht, ein solches Verfahren einzuleiten. Die Wahl des passenden Verfahrens hängt primär davon ab, ob von einer "V"-förmigen Geschäftsentwicklung (COVID-19 Stundung), einer "U"-förmigen Geschäftsentwicklung (Nachlassstundung) oder einer "L"-förmigen Geschäftsentwicklung (Konkursverfahren) ausgegangen wird.
  • Erleichterung der Pflicht zur Bilanzdeponierung (COVID-19): Mit der am 20. April 2020 in Kraft getretenen COVID-19 Verordnung Insolvenzrecht ist die Bilanzdeponierungspflicht des Verwaltungsrates eingeschränkt worden, sofern die Gesellschaft am 31. Dezember 2019 noch nicht überschuldet war.

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