Key Take-aways

1. Staking bezeichnet den Validierungsprozess in einer Proof-ofStake-Blockchain, bei dem kryptobasierte Vermögenswerte gegen einen Reward blockiert werden. Staking kann als Dienstleistung angeboten werden.

2. Die FINMA hat in ihrer neuen Aufsichtsmitteilung "Safe-Harbor"-Regeln für regulierte Verwahrer definiert, damit diese Staking-Dienstleistungen "ausserbilanziell" anbieten können.

3. Für Verwahrer, die von der FINMA über keine Banken- oder FinTech-Bewilligung verfügen, bleibt Staking möglich, sofern sie die Dienstleistung direkt erbringen und Kryptowährungen/Zahlungstoken segregiert gehalten werden.

1 Einleitung

Wenn eine Blockchain einen Proof-of-Stake-Konsensmecha- nismus (wie z.B. Ethereum 2.0, Cardano oder Tezos) vorsieht, können Halter von Token im Sinne der FINMA-Wegleitung fürUnterstellungsfragen betreffend Initial Coin Offerings (ICOs) vom16. Februar 2018 (kryptobasierte Vermögenswerte) am Validie- rungsprozess der Blockchain teilnehmen und dadurch Rewards verdienen. Dieser Prozess wird gemeinhin als "Staking" bezeich- net. Für Wallet-Anbieter (Verwahrer) sind Dienstleistungen, die es ihren Kunden ermöglichen, deren Token zu staken, angesichts der weiten Verbreitung von Proof-of-Stake-Blockchains zu einem wichtigen Bestandteil ihres Angebots geworden.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) klärt mit der FINMA-Aufsichtsmitteilung 08/2023 zum Staking (die Aufsichtsmitteilung) einige wichtige regulatorische Fragen in diesem Zusammenhang. Die Aufsichtsmitteilung adressiert insbesondere (i) die Bewilligungsvoraussetzungen und (ii) für Verwahrer, die nach dem Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz) über eine Bewilligung verfügen, inwieweit gestakte kryptobasierte Vermögenswerte als "bilanzwirksam" gelten und somit den aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen für Einlagen unterliegen (mit der entsprechenden Risikogewichtung von derzeit 800%, die im Rahmen der Umsetzung des revidierten Basler Regelwerks auf bis zu 1250% erhöht werden könnte).

Wir geben einen kurzen Überblick über den für Sta-king-as-a-Service geltenden Regulierungsrahmen. Für eine aufsichtsrechtliche Einordnung von kryptobasierten Vermö-genswerten im Allgemeinen und den Lizenzierungsprozessfür FinTech-Lizenznehmer verweisen wir auf unsere früheren Newsletter.

2 Verwahrungsdienstleistungen für kryptobasierte Vermögenswerte unter Schweizer Regulierung

Verwahrungsdienstleistungen für kryptobasierte Vermögenswer- te bestehen typischerweise in der Bereitstellung der technischen Infrastruktur für den Zugang zu den sog. Public Adressen, unter denen die kryptobasierten Vermögenswerte registriert sind, und in der Verwaltung des Zugangs zu den Private Keys, die für die Verfügung über die kryptobasierten Vermögenswerte erforder- lich sind. Je nach Kontrolle über die Private Keys wird wie folgt unterschieden:

  • Non-Custodian Wallet-Anbieter haben keine Kontrolle über die Private Keys für die kryptobasierten Vermögens- werte ihrer Nutzer und sind deswegen nicht in der Lage über die kryptobasierten Vermögenswerte ihrer Nutzer zu verfügen. Sie unterstehen daher in der Schweiz keiner Bewilligungs- pflicht durch die Soweit sie als Finanzintermediäre im Sinne des schweizerischen Geldwäschereigesetzes (GwG) tätig sind, unterstehen sie aber dem GwG.
  • Custodian-Wallet Anbieter haben die Kontrolle über die Private Keys für die kryptobasierten Vermögenswerte ihrer Kunden und sind somit in der Lage über die kryptobasierten Vermögenswerte ihrer Kunden zu verfügen. Das anwendbare Regulierungsregime hängt davon ab, wie die kryptobasierten Vermögenswerte für die Kunden verwahrt werden. Werden die kryptobasierten Vermögenswerte für jeden Kunden segre- giert aufbewahrt, indem separate Public und Private Keys verwendet werden, besteht in der Schweiz keine Bewilligungs- pflicht durch die FINMA und die Tätigkeit fällt lediglich in den Anwendungsbereich des GwG. Werden Kryptowährungen/ Zahlungs-Token (oder hybride Token mit überwiegenden Merkmalen einer Kryptowährung/Zahlungs-Token) für mehrere Kunden gemeinschaftlich in einer Omnibus Ver- wahrung aufbewahrt, indem eine Public Adresse für mehrere Kunden verwendet wird, ist eine Banken- oder FinTech-Be- willigung der FINMA nach dem Bankengesetz erforderlich.

Die FINMA hat "SafeHarbor"-Kriterien definiert, damit für Verwahrer keine aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen für Publikumseinlagen gelten.

3 Aussonderung von kryptobasierten Vermögenswerten aus der Konkursmasse des Verwahrers

Das Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an die Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (siehe dazu unseren früheren Newsletter) hat unter anderem das schweizerische Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) und das Bankengesetz präzisiert, indem es die Aussonderung von kryptobasierten Vermögenswerten, die von einem Ver- wahrer in dessen Konkurs verwahrt werden, erlaubt. Dafür sind die folgenden Bedingungen zu erfüllen:

  1. die kryptobasierten Vermögenswerte werden entweder (a) für jeden Kunden einzeln unter Verwendung separater Public Adressen für jeden Kunden oder (b) für mehrere Kunden gemeinschaftlich in einer Omnibus Verwahrung unter Ver- wendung einer Public Adresse für mehrere Kunden verwahrt (wobei die Bestände jedes Kunden in einer solchen Omnibus Verwahrung identifizierbar sein müssen); und
  2. der Verwahrer ist verpflichtet, die kryptobasierten Vermögens- werte jederzeit für die Kunden bereitzuhalten.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, gelten die nachfolgen- den Aus- bzw. Absonderungsprozesse:

Bei Verwahrern, die über eine Bewilligung der FINMA nach dem Bankengesetz verfügen, gelten solche kryptobasier- te Vermögenswerte als Depotwerte im Sinne von Art. 16 Ziff. 1bis des Bankengesetzes mit der Folge, dass sie vom Liquidator nach den Bestimmungen des Bucheffektengesetzes aus der Kon- kursmasse des Verwahrers abgesondert werden.

Sofern der Verwahrer nicht nach dem Bankengesetz lizen-ziert ist, müssten die Kunden die Aussonderung ihrer krypto- basierten Vermögenswerte gemäss SchKG bei der Konkurs- verwaltung beantragen.

4 Das Anbieten von Staking-as-a-Service

Gemäss der Aufsichtsmitteilung bezieht sich Staking auf die Sperrung von nativen kryptobasierten Vermögenswerten auf der Staking Adresse eines Validator Nodes, zur Teilnahme am Validierungsprozess einer Proof-of-Stake-Blockchain (wie z.B. Ethereum 2.0) gegen Erhalt eines Rewards. Werden die ge- stakten kryptobasierten Vermögenswerte für unrechtmässige Validierungsaktivitäten verwendet, können sie ganz oder teil- weise gelöscht werden (sog. Slashing). Um kryptobasierte Ver- mögenswerte aus dem Staking freizugeben, ist in der Regel ein sog. Withdrawal Key erforderlich. Zudem können die gestakten kryptobasierten Vermögenswerte einer Lock-Up-/Exit-Periode unterliegen, bevor sie aus dem Staking freigegeben werden.

Staking als solches ist in der Schweiz nicht reguliert. Das Anbieten von Staking-as-a-Service hat allerdings regulatorische Folgen, wenn der Verwahrer die Private Keys oder Withdrawal Keys der kryptobasierten Vermögenswerte für die Zwecke des Staking kontrolliert (Custodial Staking).

Custodial Staking kann in Form von Direct Staking erfol gen, bei dem der Verwahrer den Validator Node entweder selbst betreibt oder den technischen Betrieb an einen Dritten auslagert. Der Verwahrer verfügt jederzeit über die Withdrawal Keys, um die von dessen Kunden investierten kryptobasierten Vermögenswerte zurückzuführen.

Alternativ kann das Custodial Staking auch in einer fiduziarischen Form innerhalb einer Staking-Kette angeboten werden. In einer Staking-Kette ist der Verwahrer berechtigt, die kryptobasierten Vermögenswerte an einen Dritten zu übertragen, der einen Validator Node betreibt und den Withdrawal Key für die gestakten kryptobasierten Vermögenswerte hält.

5 Auswirkungen von Custodial Staking für Verwahrer mit einer Bank- oder FinTech-Lizenz

Wenn Custodial Staking von einer Bank oder einem FinTech-Be- willigungsträger gemäss dem Bankengesetz angeboten wird, müssen bestimmte, in der Aufsichtsmitteilung definierte Anfor- derungen erfüllt werden, um zu vermeiden, dass die gestakten Vermögenswerte für die Zwecke der aufsichtsrechtlichen Kapitalanalyse als "bilanzwirksame" Einlagen gelten.

5.1 Direktes Staking

Unterliegen die kryptobasierten Vermögenswerte einem "Slas- hing" oder einer "Lock-Up-Periode", ist unklar, ob die gestakten Vermögenswerte der Kunden noch als "jederzeit für den Kun- den bereitgehalten" im Sinne der Voraussetzung der Absonde- rung im Konkurs (siehe oben unter (3)) qualifiziert werden können. Sofern keine Absonderung im Konkurs möglich ist, wären die gestakten kryptobasierten Vermögenswerte als "bilanzwirksam" zu qualifizieren. Die FINMA definiert in der Aufsichtsmitteilung folgende "Safe-Harbor"-Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit keine regulatorischen Kapitalanforderungen für Ein- lagen eingehalten werden müssen:

  1. der Kunde hat Anweisungen bezüglich der Art und Anzahl, der zu stakenden kryptobasierten Vermögenswerte erteilt;
  2. es wurden geeignete Massnahmen ergriffen, um sicherzu- stellen, dass die gestakten kryptobasierten Vermögenswerte eindeutig dem Kunden zugeordnet werden können;
  3. der Kunde wird transparent und klar über sämtliche Risiken informiert (einschliesslich Slashing, Lock-Up Perioden und Konkursrisiken);
  4. geeignete Massnahmen zur Minderung der mit dem Betrieb eines Validator Nodes verbundenen operationellen Risiken werden getroffen, um Slashing und andere Sanktionen zu vermeiden; und
  5. ein Digital Asset Resolution Package (DARP) wird erstellt, welches es der FINMA ermöglicht, im Falle eines Konkurses des Verwahrers die Absonderung und Auslieferung der kryp- tobasierten Vermögenswerte zu veranlassen und ein ange- messenes Risikomanagement

Direktes Staken bleibt für nicht beaufsichtigte Verwahrer weiterhin möglich, z.B. für Kryptowährungen, die segregiert gehalten werden.

5.2 Aufbau einer fiduziarischen Staking-Kette

Bei der Ausgestaltung des Custodial Staking als eine fidu- ziarische "Staking-Kette" beauftragt der Verwahrer einen Dritten mit dem Staking und hat dadurch eine Forderung gegen den Dritten auf Herausgabe der gestakten kryptobasier- ten Vermögenswerte. Eine solche Forderung qualifiziert als fiduziarische Forderung für Kunden gemäss Art. 16 Ziff. 2 des Bankengesetzes. Folglich kann die Bank oder der Fintech- Bewilligungsträger solche Vermögenswerte "ausserbilanziell" halten, sofern der Verwahrer mit dem Kunden eine Treuhandver- einbarung über die gestakten kryptobasierten Vermögenswerte abschliesst, die den Anforderungen gemäss der Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung über Treuhandanla-gen von 2016 entspricht. Insbesondere muss der Verwahrer:

  1. die Gegenparteirisiken begrenzen, indem er ein prudenziell beaufsichtigtes Institut mit guter Bonität oder eine Tochter- gesellschaft einer konsolidiert und prudenziell beaufsichtig- ten Finanzgruppe mit guter Bonität auswählt;
  2. durch eine Due Diligence sicherstellen, dass der Dritte, der die Staking-Dienstleistung erbringt, (1) nicht unbewilligt tätig ist, (2) die relevanten Withdrawal Keys selbst hält oder eine gleichwertige Kontrolle über die Withdrawal Keys hat, (3) den Verwahrer über die Staking Adressen informiert, die er intern registrieren muss, und (4) Massnahmen ergriffen hat, um die operationellen Risiken in Bezug auf den Betrieb von Validator Nodes zu begrenzen; und
  3. einen DARP abschliessen, um ein angemessenes Risikoma- nagement zu gewährleisten (siehe oben).

5.3 Fiduziarisches Verwahren von kryptobasierten Vermögenswerten

Soweit eine Bank oder ein FinTech-Bewilligungsträger nicht selbst Wallets für kryptobasierte Vermögenswerte führt, sondern solche Vermögenswerte treuhänderisch für Kunden bei Dritt- anbietern hält, können diese auch zum Staken dieser Vermögen- werte befugt werden. In der Aufsichtsmitteilung werden die in diesem Zusammenhang geltenden Regeln nicht näher erläutert. Unseres Erachtens sollten diese Szenarien jedoch analog zu Zif- fer 5.2 behandelt werden, wobei ein DARP an die Besonderheiten eines solchen Anwendungsfalls angepasst werden muss.

6 Staking durch Verwahrer ohne Banken- oder FinTech-Lizenz

Verwahrer, die nicht als Bank oder FinTech-Bewilligungsträger im Sinne des Bankengesetzes tätig sind, können nur Direct Sta-king-Dienstleistungen erbringen. Es wird vorausgesetzt, dass die gestakten kryptobasierten Vermögenswerte im Sinne von Kryptowährungen/Zahlungstoken für jeden Kunden segre- giert gehalten werden, d.h. durch Verwendung einer separaten Staking Adresse und einer separaten Withdrawal Adresse für jeden Kunden. Um sicherzustellen, dass die gestakten kryptoba- sierten Vermögenswerte "jederzeit für den Kunden bereitgehal- ten" bleiben und somit im Falle eines Konkurses des Verwahrers ausgesondert werden können, sollten zudem die "Safe-Harbor"- Anforderungen gemäss Ziffer 5.1 oben eingehalten werden.

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