Mittels Embargos wird die Ein- oder Ausfuhr von Waren, Technologien, Kapital und Dienstleistungen beschränkt. Verhängte Sanktionen werden laufend geändert und ergänzt. Gegensanktionen werden erlassen. Es wird immer schwieriger, den Überblick zu wahren. Die Verantwortlichen und die Beauftragten für Compliance sind gefordert. Eine Standortbestimmung.

1. EINLEITUNG

Hoyt Brian Yee, der für Osteuropa zuständige stellvertretende Staatssekretär des US-Aussenministeriums, lobte kürzlich die Schweiz ausdrücklich für das Unterbinden der Umgehung des EU-Embargos gegenüber Russland 1, was die Wichtigkeit solcher Sanktionen im heutigen Wirtschaftsumfeld unterstreicht. Je mehr Staaten solche Wirtschaftssanktionen unterstützen, desto effektiver und vor allem rascher wird das Ziel erreicht, die Adressaten solcher Sanktionen – vielfach aus politischen Gründen – zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Ausser im Fall von Uno-Sanktionen beteiligt sich die Schweiz autonom an derartigen Sanktionen. Ansonsten ist es weder sicher, dass sie sich überhaupt beteiligt, noch in welcher Art und vor allem zu welchem Zeitpunkt. Dies führt dazu, dass in der Schweiz nicht unbedingt die gleichen Sanktionen gelten, wie sie durch andere Länder oder internationale Organisationen beschlossen wurden – eine Herausforderung für die Verantwortlichen von international tätigen Unternehmen. Aber auch Treuhänder oder Unternehmen, die nur punktuell geschäftliche Beziehungen mit dem Ausland pflegen oder bei denen sich solche erst anbahnen, können vom Einflussbereich solcher Sanktionen überrascht werden.

Nachfolgend wird aufgezeigt, welche Wege die Schweiz im Sanktionswesen geht (Ziff. 2 und 3), welche Arten von Sanktionen und teils harschen Durchsetzungsmittel bestehen (Ziff. 4) und wer in der Verantwortung stehen kann (Ziff. 5).

2. RÜCKBLICK – DIE INFLATIONÄRE ENTWICKLUNG

Die Bedeutung von Wirtschaftssanktionen, auch Embargos genannt, hat in der Schweiz erst in den letzten 25 Jahren stark zugenommen. Wirtschaftssanktionen beschränken sich schon länger nicht mehr nur auf internationale Konflikte, sondern sind zu einem weit verbreiteten, wirtschaftspolitischen Instrument geworden, das auch aus rein humanitären Gründen eingesetzt wird. Das in den Medien breit diskutierte Exportverbot für Sessellifte nach Nordkorea im Sommer 2013 ist nur ein Beispiel dafür 2.

Verhielt sich die Schweiz früher neutral, begann sie 1990 die Wirtschaftssanktionen des Uno-Sicherheitsrats zu übernehmen 3, wiewohl hierzu noch keine Verpflichtung bestand. Eine solche entsteht erst mit der Uno-Mitgliedschaft, und diese erwarb die Schweiz erst zwölf Jahre später. Der Bundesrat führte damals völkerrechtliche Gründe für die Übernahme dieser Sanktionen an. Demgegenüber fühlt er sich bis heute weder rechtlich noch politisch verpflichtet, Sanktionen der wichtigsten Handelspartner zu übernehmen. Wirtschaftssanktionen der USA hat die Schweiz bis heute in keinem einzigen Fall übernommen. Auch EU-Sanktionen werden nicht ohne Weiteres übernommen. Der Bundesrat prüft erst die verschiedenen aussenpolitischen, aussenwirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte und wählt dann den für die schweizerischen Interessen besten Weg.

In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass sich auf internationaler Ebene die Struktur der verhängten Sank- tionen in den letzten Jahren stark gewandelt hat. Wurden früher vor allem Wirtschaftssanktionen gegen Länder erlassen, sind es heute immer öfter sogenannte Smart Sanctions oder Targeted Sanctions. Sie zielen in erster Linie auf einzelne Organisationen, Unternehmen oder Personen ab. Sie sollen punktuell Wirkung entfalten und nicht die gesamte Wirtschaft eines Landes treffen. Ein aktuelles Beispiel sind die Sanktionen der EU im Zusammenhang mit der Ukraine, welche die Schweiz nicht einfach übernommen hat. Sie hat erst später Massnahmen ergriffen, damit die EU-Sanktionen nicht via Schweiz umgangen werden können.

Nicht nur das individuelle Übernehmen von Massnahmen durch die Schweiz kann Auswirkungen auf einzelne Branchen haben, sondern auch die Gegensanktionen betroffener Länder. Auf die EU-Sanktionen Ende Juli 2014 reagierte Russland schon wenige Tage später mit Gegensanktionen und belegte diverse Lebensmittel aus der EU mit einem Einfuhrverbot 4. In der Folge stieg der Export von Milchprodukten, insbesondere Käse, von der Schweiz nach Russland sprunghaft an 5.

Die Smart Sanctions, die punktuell wirken sollen, müssen aber ständig aktualisiert und, wo nötig, erweitert werden. Kommt hinzu, dass die Auslegung solcher Sanktionen nicht immer leicht ist. Ob eine Exportkontrolle, die jeglichen wirtschaftlichen, kulturellen oder technologischen Austausch unter eine Bewilligung stellt, auch bedeutet, dass bereits ein E-Mail-Versand an einen ausländischen Geschäftspartner oder das Mitführen von Unterlagen auf einer Geschäftsreise ins Ausland darunterfällt, ist nicht einfach zu bestimmen 6.

3. GESETZLICHE GRUNDLAGEN FÜR SANKTIONEN

3.1 Embargogesetz – der bewährte Rahmen. Mit Inkrafttreten des Embargogesetzes (EmbG) am 1. Januar 2003 7 basieren die Sanktionsmassnahmen, die der Bundesrat in Form von Verordnungen erlässt, nicht mehr direkt auf der Bundesverfassung 8. Das als Rahmengesetz ausgestaltete EmbG wurde nötig, weil Verstösse gegen Sanktionen, gleich den Nachbarländern, ebenfalls mit Gefängnisstrafe bedroht und Personendaten bearbeitet werden sollten. Hierzu war ein formelles Gesetz notwendig. Das EmbG bildet heute die Grundlage für alle Massnahmen in der Schweiz, die zur Einhaltung internationaler Sanktionen nichtmilitärischer Art der Uno, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder der wichtigsten Handelspartner der Schweiz dienen, insbesondere der EU und ihrer Mitgliedstaaten 9. Der Bundesrat erhielt mit diesem Gesetz die Kompetenz, konkrete Zwangsmassnahmen gegenüber einem Staat, einem Regime oder einer Gruppierung bis hin zu einzelnen natürlichen Personen, Gesellschaften oder Organisationen zu erlassen, sofern solche nicht gegen zwingendes Völkerrecht (ius cogens) verstossen 10. Das EmbG sieht hierzu Instrumente wie Verbote, Bewilligungs- oder Meldepflichten vor, welche den grenzüberschreitenden Waren-, Dienstleistungs-, Zahlungs-, Kapital- und Personenverkehr, den wissenschaftlichen, technologischen und kulturellen Austausch oder andere Rechte einschränken oder ganz verbieten können 11.

3.2 Sanktionsverordnungen – die gezielten Massnahmen im Einzelfall. Gestützt auf das EmbG erlässt der Bundesrat einzelne Sanktionsverordnungen. Resolutionen des Uno-Sicherheitsrats werden, je nach Komplexität, in der Regel innerhalb weniger Tage und Wochen vom Bundesrat verabschiedet 12.

Der Aufbau solcher Sanktionsverordnungen ist individuell, folgt aber einer gewissen Struktur. Ein Teil regelt die jeweiligen Massnahmen, d. h. welche einzelnen Rechte wie beschränkt werden sollen. In einem weiteren Teil werden die wichtigsten Begriffe definiert. Zudem wird festgehalten, welche Verstösse gemäss welchen Strafbestimmungen des EmbG geahndet werden sollen. Abgeschlossen wird die Verordnung mit Bestimmungen zum Vollzug und den Veröffentlichungen. In Anhängen zu den Sanktionsverordnungen werden gerade im Rahmen von Smart Sanctions natürliche und/oder juristische Personen, Organisationen oder betroffene Güter usw. detailliert aufgelistet. Insbesondere diese Anhänge werden laufend aktualisiert.

3.3 Weitere wichtige Gesetze in diesem Zusammenhang. Als Teil des Wirtschaftsverwaltungsrechts spielen Verbote und Kontrollen – oder allgemein Beschränkungen – im Bereich der schweizerischen Aussenwirtschaft eine bedeutende Rolle und haben, je nach Ausrichtung und Wirkung, eine eigene gesetzliche Grundlage. Der Hinweis auf die folgenden Gesetze und Bestimmungen muss hier genügen:

  • Kriegsmaterialgesetz (KMG): Durch Kontrolle der Herstellung und des Transfers von Kriegsmaterial will die Schweiz internationale Verpflichtungen erfüllen und ihre aussenpolitischen Grundsätze wahren können 13.
  • Güterkontrollgesetz (GKG): Besondere militärische Güter und doppelt verwendbare Güter (sog. Dual-Use-Güter, die zivil wie militärisch genutzt werden können) sollen kontrolliert werden können 14.
  • Bundesgesetz über aussenwirtschaftliche Massnahmen: Der Bundesrat kann Beschränkungen im Sinne von Gegenmassnahmen erlassen, wenn ausländische Massnahmen oder Verhältnisse die Wirtschaftsinteressen der Schweiz beeinträchtigen 15.
  • Art. 184 Abs. 3 der Bundesverfassung: Nach wie vor hat der Bundesrat die weitreichende Kompetenz, zeitlich befristete Verordnungen und Verfügungen zu erlassen, wenn es die Wahrung der Interessen der Schweiz erfordert.

4. VIELSCHICHTIGKEIT DER WIRTSCHAFTSSANKTIONEN

4.1 Breiter, nicht abschliessender Katalog von Sanktionsarten. Die Ausgestaltung des EmbG lässt es zu, im Rahmen von Sanktionsverordnungen sehr individuelle, dem Einzelfall gerecht werdende Beschränkungen zu erlassen. Eine abschliessende Aufzählung ist nicht möglich und zwingt, die jeweiligen Verordnungen sorgfältig zu prüfen.

Häufig werden Handelsbeschränkungen erlassen. Je nach Ziel und Zweck der Sanktionen sind ganz unterschiedliche Güter betroffen (z. B. Rüstungsgüter, Kulturgüter oder Güter einer gewissen Industrie). Im Fall Syriens sind unter dem Verbot betreffend Luxusgüter u. a. bereits Sportartikel und Sportausrüstungen für Golf- und Wassersport mit einem Verkaufspreis von mehr als CHF 600 pro Stück oder ganz allgemein Leder- und Reiseartikel von bereits mehr als CHF 250 pro Stück aufgeführt.

Es können aber auch Dienstleistungen betroffen sein. Dabei werden vielfach finanzielle Beschränkungen verhängt, die Finanzdienstleistungen jeglicher Art betreffen können. Auch sie sind individuell ausgestaltet und können den Zahlungsund Kapitalverkehr teils empfindlich treffen.

Beim grenzüberschreitenden Verkehr ist aber nicht nur zu prüfen, ob die Güter oder Dienstleistungen selbst einer Beschränkung unterliegen. Es ist auch zu klären, ob die involvierten Einzelpersonen, Unternehmen oder Organisationen auf entsprechenden Listen aufgeführt sind. Erschwert wird diese Arbeit oft dadurch, dass nicht immer alle wirtschaftlich berechtigten Personen, die in eine Transaktion involviert sind, bekannt sind. Die unterschiedliche Schreibweise ausländischer Namen erleichtert die Arbeit dabei nicht.

Unternehmen, die eine grosse Menge von grenzüberschreitendem Güter- oder Dienstleistungsverkehr abwickeln, verfügen vielfach über entsprechende IT-Lösungen oder Kontrollabläufe. Bei anderen, die nicht gehäuft Auslandsbeziehungen unterhalten, ist dies weniger der Fall. Sie sind sich oft gar nicht bewusst, dass ihre Güter oder Dienstleistungen einer verhängten Massnahme unterliegen. Gerade die Einhaltung von Finanzsanktionen ist anspruchsvoll und stellt hohe Anforderungen an die Verantwortlichen. Nicht umsonst verlangen Revisoren, dass Unternehmen im Rahmen von Vollständigkeitserklärungen bestätigen, dass es keine Verstösse gegen das EmbG gegeben habe.

Weitere Beschränkungen können den Luft-, Personenund/ oder Frachtverkehr betreffen oder das Ein- und Durchreiseverbot für bestimmte Personen vorsehen.

4.2 Zuständigkeiten. Sanktionen, die der Bundesrat aufgrund des EmbG angeordnet hat, werden in der Regel vom Ressort Sanktionen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) kontrolliert und durchgesetzt. Die rund 20 Mitarbeiter starke Abteilung überwacht die Durchsetzung der Sanktionen und führt Kontrollen durch. Dabei arbeitet sie eng mit der Polizei der Kantone und Gemeinden sowie der Eidg. Zollverwaltung (EZV) und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) sowie – je nach Bedarf – mit weiteren Bundesbehörden zusammen.

Je nach Zweck und Inhalt einer Sanktionsverordnung ist es denkbar, dass eine andere Behörde des Bundes für einzelne Beschränkungen für zuständig erklärt wird. Infrage kommen dabei das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) bei Überflugverboten oder -beschränkungen, das SEM für Einund Durchreiseverbote von Personen, das Bundesamt für Kultur in Bezug auf Massnahmen betreffend Kulturgüter, die EZV für die Kontrolle an der Grenze, das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), das Eidg. Finanzdepartement (EFD) oder das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) für ihre jeweiligen Spezialgebiete.

Oft sind durch Sanktionen ganze Branchen betroffen, die aufsichtsrechtlich reguliert sind. Dies ist insbesondere bei den häufig angeordneten Finanzsanktionen der Fall. Die Eidg. Finanzmarktaufsicht (Finma) sah sich veranlasst, die Seco- Mitteilungen auf ihrer Website zu veröffentlichen 16. Dies bedeutet nicht, dass die Finma für die Durchsetzung der Sanktionsverordnungen zuständig wird. Sie kommt nach wie vor nur ihren regulatorischen Aufsichtspflichten nach und kann in diesem Rahmen beispielsweise mangelhafte Organisation rügen und Verbesserungen beim Unterstellten anordnen. Im Fall der Ukraine ist das Seco für die Überwachung des Vollzugs der Beschränkungen – insbesondere auch der finanziellen Beschränkungen – zuständig 17. Das Seco erteilt die notwendigen Bewilligungen und ist Adressatin der Meldungen, nicht die Finma.

4.3 Weitreichende behördliche Befugnisse. Den zuständigen Behörden stehen umfassende Kontrollrechte zu. Sie können die Betroffenen auffordern, Auskünfte zu erteilen und Unterlagen einzureichen 18. Verweigerungsgründe sieht das Gesetz nicht vor.

Die Behörden sind gar ermächtigt, ohne Voranmeldung während der üblichen Geschäftszeiten Geschäftsräume von auskunftspflichtigen Personen zu betreten, Unterlagen einzusehen und belastendes Material sicherzustellen. Dass hierzu, gleich der Finma in aufsichtsrechtlichen Untersuchungen, erst eine Einsetzungsverfügung zu erlassen ist 19, sieht das EmbG nicht vor. Ebenso wenig regelt es allfällige Verweigerungsgründe des Betroffenen. Mit dem Verweis auf das Verwaltungsstrafrecht 20 ist davon auszugehen, dass auch die Durchsuchung von Unterlagen bei Dritten möglich ist. In solchen Fällen sind immerhin Geheimnisse Dritter (z. B. Anwalts-, Arztgeheimnis usw.) und ihre Rechte (z. B. Siegelungsrecht) zu wahren (Art. 50 VStrR). Das gilt nicht für das Geschäfts- und Kundengeheimnis von Treuhändern, Vermögensverwaltern und Revisoren.

Des Weiteren kann die zuständige Behörde erforderliche Daten bearbeiten und mit Aufsichtsbehörden (z. B. der Finma) austauschen. Dieses Recht steht ihr auch grenzüberschreitend zu, indem sie ausländische Behörden, internationale Organisationen oder Gremien um erforderliche Daten ersucht oder auf Anfrage bekannt gibt. Unter gewissen Voraussetzungen steht ihr gar das Recht zu, von sich aus und damit spontan Daten ins Ausland zu übermitteln 21; mit allenfalls weitreichenden Konsequenzen. Unter Umständen wird die ausländische Behörde erst mit diesen Daten überhaupt auf eine mögliche Verletzung aufmerksam gemacht, eröffnet deswegen eine Untersuchung und fordert auf dem Amts- oder Rechtshilfeweg Unterstützung in anderen Ländern an.

5. DIE VERANTWORTLICHEN – WEIT WEG VOM GESCHÜTZ HILFT NICHT

5.1 Grundsätzliches. Obwohl die Effektivität von Embargomassnahmen massgeblich von deren Befolgung abhängig ist, existiert keine weltweite Koordination für Sanktionen und auch keine zentrale Datenbank über Massnahmen und Gegenmassnahmen. Selbst wenn die wichtigen Websites des Seco 22 und beispielsweise der Finma 23 konsultiert werden, ist damit nicht sichergestellt, dass der beabsichtigte Güter- oder Dienstleistungsverkehr nicht gegen eine im Ausland verhängte Sanktion verstösst. Letztere sind dort nämlich nicht aufgeführt.

Mediale Aufmerksamkeit erlangte Mitte letzten Jahres der Fall der BNP Paribas (Suisse) SA. Die Bank hatte keine Sanktionen der Schweiz verletzt, jedoch solche der USA. Dies führte zu einer aufsichtsrechtlichen Untersuchung durch die Finma mit dem Resultat, dass sie der Bank ein «ungenügendes Risikomanagement im Umgang mit US-Sanktionen» vorwarf und in Aussicht stellte, zu untersuchen, wie Verwaltungsrat, Management und andere Angestellte der BNP Paribas (Suisse) SA in die Verfehlungen involviert waren 24.

5.2 Weiter Kreis der Verantwortlichen. Wer vorsätzlich Sanktionsverordnungen verletzt, kann in schweren Fällen mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft werden. Auch die fahrlässige Verletzung wird unter Strafe gestellt (Art. 9 und 10 EmbG).

Das EmbG lässt keine Zweifel offen; es zieht einen weiten Kreis der Verantwortlichkeit. Grundsätzlich ist derjenige verantwortlich, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Sanktionsverordnung verstösst. Erfolgte der Verstoss in einem Geschäftsbetrieb, was häufig der Fall sein dürfte, werden zusätzlich die einzelnen Organmitglieder zur Verantwortung gezogen, wenn sie es unterlassen haben, die Tathandlung abzuwenden oder deren Wirkung aufzuheben. Dies ist immer dann der Fall, wenn eine mangelhafte Organisation zur Verletzung der Sanktionsverordnung geführt hat und den Organmitgliedern vorgeworfen werden kann, dass sie ihre Pflichten, u. a. eine adäquate Organisation sicherzustellen, fahrlässig verletzt haben.

Wie immer erfolgt eine solche Beurteilung retrospektiv. Das heisst, es wird aufgrund der vorhandenen Informationen und Dokumente untersucht und entschieden, ob damals eine angemessene Organisation bestand oder eben nicht. Ist die Mangelhaftigkeit erstellt, werden die Verantwortlichen (z. B. die Mitglieder eines Verwaltungsrats oder die tatsächlich leitenden Personen) für dieselbe Tat verurteilt wie der Täter 25. Eine mangelhafte Organisation dürfte immer dann vorliegen, wenn Pflichten beim Erfassen, Begrenzen und Überwachen von Risiken bei grenzüberschreitenden Transaktionen oder Dienstleistungen verletzt wurden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine einzige Transaktion handelt oder deren viele. Im grenzüberschreitenden Güter- und Dienstleistungsverkehr zwingen die internationalen Wirtschaftssanktionen zu strukturierten internen Prozessabläufen und einem den Verhältnissen angepassten internen Kontrollsystem (IKS).

Footnotes

1 NZZ am Sonntag, «Ukraine: Amerika erwägt schärfere Sanktionen», 22. März 2015, S. 7.

2 Verordnung über Massnahmen gegenüber der Demokratischen Volksrepublik Korea, Änderung vom 3. Juli 2013.

3 Botschaft zum Bundesgesetz über die Durchsetzung von internationalen Sanktionen vom 20. Dezember 2000, BBl 2001 1433, 1437.

4 http://russland.ahk.de/news/singleview/artikel/russland-streicht-einige-warenpositionen- aus-der-sanktionsliste/.

5 Tages-Anzeiger online, http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Schweiz-exportiertfuenfmal- mehr-Kaese-nach-Russland/story/18937818, besucht am 20. April 2015.

6 Frey, Steffen: Die fünf weitverbreiteten Mythen über Exportkontrolle, in: CH-D Wirtschaft 1/2012, 19.

7 Bundesgesetz über die Durchsetzung von internationalen Sanktionen vom 22. März 2002 (Embargogesetz, EmbG, SR. 946.231).

8 Art. 184 Abs. 3 BV.

9 Art. 1 EmbG.

10 BGE 133 II 450, E. 3–7.

11 Art. 1 Abs. 3 EmbG.

12 ClearIT, Schweizer Fachzeitschrift für den Zahlungsverkehr, Ausgabe 53|September 2012, Interview mit Roland E. Vock, Leiter Ressort Sanktionen, Seco, S. 6.

13 SR 514.51.

14 SR 946.202.

15 SR 946.201.

16  http://www.finma.ch/d/sanktionen/internationale-sanktionen/sanktionen-embargos/ meldungen-sanktionen-embargos/Seiten/meldungen- http://www.finma.ch/d/sanktionen/ internationale-sanktionen/sanktionen-embargos/ meldungen-sanktionen-embargos/Seiten/meldungen-sanktionen-laender.aspx.

17 Ausnahme: Die Kontrolle an der Grenze obliegt nicht dem Seco, sondern der EZV (Art. 10 Verordnung über Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung internationaler Sanktionen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine).

18 Art. 3 EmbG.

19 Art. 36 Abs. 2 FINMAG.

20 Verweis von Art. 14 EmbG auf das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR), SR 313.0. 

21 Art. 7 Abs. 3 EmbG.

22 http://www.Seco.admin.ch/themen/00513/00620/00622/index.html?lang=de .

23 http://www.finma.ch/d/sanktionen/internationale-sanktionen/sanktionenembargos/Seiten/default.aspx.

24 http://www.nzz.ch/wirtschaft/finma-ruegt-bnp-paribas-schweiz-1.18334148; http://www.finma.ch/d/aktuell/Seiten/mm-abschluss-verfahren-bnp-paribas-suisse-20140701.aspx.

25 Art. 12 EmbG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 und 3 VStrR.

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