In seinen Urteilen v. 5.5.2015- (X_364/2012, X_377/2012 und X_895/2012) hat sieh das Bundesgericht eingehend mit dem Konzept des beneficial owner im internationalen Steuerrecht befasst, und zwar im Zusammenhang mit Aktientransaktiónen zum Zeitpunkt der Dividendenausschüttung (Dividenden-Stripping.~~)

Im ersten Fall hatte eine dänische Bank ihre Position in Schweizer Aktien mit Total 'Return Swaps (TRS) abgesichert und sich verpflichtet, den nicht in der Schweiz oder Dänemark ansässigen TRS-Gegénparteien die gesamte Wertentwicklung (Kursgewinn bzw -vertust plus Dïvïdéndéj''äbzüglicTi°Birés vârïä~I'è~n `Z`ïri'ses' (LtB(7R ~1tís Marge) zu bezahlen. Die Bank verlangte gestützt-auf dèn damals geltenden Art. 10 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Dänemark v 23.11.1973 (DBA-DK) die Rückerstattung der Verrech nungssteuer auf die erhaltenen Dividendenzahlungen..Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTA verweigerte die '~ Rti~~kerstattung ~(Fäl~igketten ti~007~~~nd~~~OßB, insgesamt 53,6 Mio. CHF) und verlangte die Rückzahlung der bereits erstatteten Steuer (Fälligkeit 2006, 37,9 Mio. CHF). Sie vertrat den Standpunkt, dass die dänische Bank nicht als Nutzungsberechtigter der Dividenden zu qualifizieren sei und ihre Berufung auf das DBA-DK rechtsmissbräuçhlich erfolge. Die ESTV argumentierte, die Bank habe durch die Kombination der TRS-Transaktionen und dem Erwerb der Aktien sämtliche Chancen und Risiken an die Gegenparteien transferiert.

Im zweiten Fall hatte eine weitere dänische Bank vòr Beginn der Dividendensaison SMI Index Futures verkauft und diese short-Positionen abgesichert, indem sie die den Futures zugrundeliegenden Aktien erwarb (und nach Dividendensaison wieder veräußerte). Die ESTV verweigerte auch hier die Rückerstattung der Verrechnungssteuer (FälligkeiE 2007, -26,4 Mió. CHF) und verlangte die Rückzahlung der bereits erstatteten Steuer (Fälligkeiten 2006 und 2007; insgesamt 34,6 Mio. CHF). Sie erachtete, ähnlich wie im ersten Fall, die Kombination von Futures- Verkäufen und Aktienerwerb als Kreisgeschäft und sprach der dänischén -Bank die Nutzungsberechtigung ab.

Dâ -das BVerwG die Beschwerden der dänischen Banken teilweise gutgeheißen hatte (Urteile des BVerwG A-6537/2010 ùnd A-1246/2011), musste das Bundesgericht als höchste Instanz dazu Stellung nehmen.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht. prüfte (im ersten Fall) vorab die Enge, ob das Erfordernis der Nutzungsberecheigung trotz fehlender" Erwähnung im alten Art. 10 DBA-DK eine Anspruchsvoraussetzung für die Geltendmachung von Abkommensvorteilen darstelle. Es bestätigte die Auffassung des BVerwG, wonach das Konzept des beneficial owner auf den Uxnfäng der Entscheidungsbefugnisse eines Steuersubjekts hinsichtlich der Verwendung seiner Einkünfte abstelle und nicht in einem engen (formaljuristischen) Sinn, sondern unter Einbezug der wirtschaftlichen Umstände zu verstehen sei (substance over form). Die (effektive) Nutzungsberechtigung sei einer Dividendenempfängerin insbesondere dann abzusprechen, wenn diese die Einnahmen âufgrund von vertraglichen Leistungsverpflichtungen an den tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten weiterleiten müsse.

Das Bundesgericht prüfte in einem nächsten Schritt, ob die dänische Bank verpflichtet gewesen war, die eingegangenen TRS-Transaktionen durch den Erwerb der zugrundeliegend~ n Aktien abzusichern (erste Abhängigkeit), und ob die Bank eine Verpflichtung hatte, die vereinnahmten Dividenden an die Gegenparteien der TRSTransaktionen weiterzuleiten (zweite Abhängigkeit). Zur ersten Abhängigkeit führte das Bundesgericht aus, dass der Erwerb der Basiswerte (trotz fehlender réchtlicher Pflicht) den. Eigeninteressen der dänischen Baníc entsprach, zumal sie sich zur Weiterleitung eines der Dividende und dem Kursgewinn übereinstimmenden Betrags verpflichtet hatte. Ferner hielt das Bundesgericht auch hinsichtlich der zweiten Abhängigkeit fest, dass die Erzielung der Erträge und die anschließende Weiterleitung wirtschaftlich derart verknüpft waren, dass von einer tatsächlichen (aber nicht rechtlichen) Verpflichtung auszugehen sei. Es sprach dem- ~~~ n~chrderdärris~l~en wank relie "effektive ~3~i~tz~angsbereahtggung ab, weshalb sich auch die Prüfung eriibrige, ob ein Abkommensmissbrauch vorliege.

Neben der Frage nach der effektiven Nutzungsberechtigung war die Rückforderung der von der ESTV bereits erstatteten Verrechnungssteuer ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Erwägungen. Das Bundesgericht kam diesbezüglich zum Schluss, dass im internationalen ~7erhältnis eine Rückforderung nicht gestützt auf den im innerstaatlichen Verhältnis anwendbaren Art. 51 Abs. 2 VStG geltend gemacht werden könne. Im vorliegenden Fa11 könne eine Rückforderung nur auf den Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung abgestützt werden, allerdings nicht mit der grundsätzlich anwendbaren Einjahresfrist, sondern mit einer Dreijahresfrist gemäß Art. 51 Abs. 2 VStG.

Die Ausführungen zum Konzept der Nutzungsberechtigung im zweiten Urteil entsprachen im Wesentlichen denjenigen im ersten Urteil. Der Unterschied bestand lediglich darin, dass die dänische Bank hier mittels kombinierten Aktien-/Future-Transaktionen Kreisgeschäfte abgeschlossen hatte. Zudem hielt die Bank die von ihr erworbenen Basiswerte nur sehr kurzfristig, um sie dann wieder an den ursprünglichen Verkäufer zurück zu veräußern.

Bestätigung dieser Grundsatzurteile

Das Bundesgericht bestätigte diese Auffassung auch in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt im nationalen Verhältnis (X_383/2013 v 2.10.2015). Es wies die Beschwerde einer Schweizer Bank ab, die von der ESTV die Rückerstattung der Verrechnungssteuér im Umfang von 18 Mia CHF auf anfallenden Dividendenerträgen aus dem Jahr 2006 gefordert hatte. Die ESTV verweigerte die Rückerstattung mit der Begründung, dass die Bank nicht die Nutzungsberechtigung an den' zugrundeliegenden Aktien gehabt habe. Im vorliegenden Fall hatte die Bank mehrere SMI-Aktien über den Dividendentérmin hinaus gekauft und mittels Futures abgesichert. Beide Transaktionen, dh die Aktienkäufe und die ausgegebenen Futures, schloss die Bank; jedoch mit demselben Finanzinstitut in England ab. Das Bundesgericht sah in den kombinierten Aktien-/Futures-Geschäften, mittels deren die Bank das Kursrisiko der Aktien an die Gegenpartei weitergab, die felìlende Nutzungsberechtigung begründet.

Originally published in IStR 9/2016

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.