Schweizer Praktiker, die in Russland wohnhaften Klienten mit einem Bezug zur Schweiz oder zur EU betreuen, können mit schwierigen grenzüberschreitenden erbrechtlichen Fragen konfrontiert werden. Fragen juristischer wie praktischer Natur entstehen, wenn verschiedene nationale Rechtsordnungen die Nachlasseröffnung für sich beanspruchen oder das anwendbare Recht unterschiedlich festlegen.

Die häufigsten in der Praxis anzutreffenden Fälle betreffen Nachlassvermögen in der Schweiz wie Bankguthaben und Immobilien sowie Streitigkeiten unter den Erben in Russland, die die Teilung des Nachlassvermögens erschweren. Hinzu kommt, dass die EU-Erbrechtsverordnung Auswirkungen auf die Nachlassabwicklung russischer Klienten mit EU-Bezug haben kann. Der vorliegende, praxisbezogene Beitrag gibt einen Überblick über das russische Erbrecht und befasst sich mit einigen typischen Fallkonstellationen aus der Praxis.

1. Überblick über das russische Erbrecht

In Russland sind die Notare für die Nachlassabwicklung zuständig, wobei die Nachlassabwicklung am letzten Wohnsitz des Erblassers stattfindet (Art. 1115 Abs. 1 des Russischen Zivilgesetzbuches, ZGB-RU). Das russische internationale Privatrecht betreffend Erbsachen bestimmt zudem, dass bei Vorhandensein von beweglichem Nachlassvermögen die Behörden das Recht am letzten Wohnsitz des Erblassers anwenden (Art. 1224 Abs. 1 ZGB-RU). Bei Vorhandensein von unbeweglichem Nachlassvermögen wenden die russischen Behörden hingegen das Erbrecht am Ort der Immobilie an (Art. 1224 Abs. 1 ZGB-RU, Grundsatz des lex rae sitae). Es kann somit zu einem Auseinanderfallen von Zuständigkeit und Erbstatut kommen.

Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz ausserhalb Russlands, befindet sich ein Teil des Nachlassvermögens jedoch in Russland (z.B. eine Immobilie), findet die Nachlasseröffnung betreffend dieses Vermögens auf jeden Fall an dessen Belegenheitsort statt (Art. 1115 Abs. 2 ZGBRU).

Im Gegensatz zur Schweiz, wo die Erben innert drei Monaten seit dem Tod des Erblassers die Erbschaft ausdrücklich ausschlagen müssen, ansonsten sie sie vorbehaltlos annehmen, müssen Erben in Russland die Erbschaft innert sechs Monaten seit dem Tod des Erblassers ausdrücklich annehmen, ansonsten sie ihre Ansprüche verwirken (Art. 1154 ZGBRU). Die Erben melden sich beim Notariat am letzten Wohnsitz des Erblassers und belegen ihre Erbenstellung (z.B. mittels Geburtsschein oder Eheurkunde). Der zuständige Notar prüft die Erbenstellung und muss zudem Nachforschungen anstellen und die ihm bekannten Erben über die Nachlasseröffnung informieren, wobei er dies auch mittels Veröffentlichung im Internet tun darf. Die Tatsache der Nachlasseröffnung unterliegt nicht dem Berufsgeheimnis der Notare, weshalb interessierte Erben oder Drittpersonen vom zuständigen Notar Auskünfte verlangen dürfen, ob der Nachlass eines be stimmten Erblassers eröffnet ist. Der russische Notarverband hat sogar eine öffentlich zugängliche Datenbank über Nachlasseröffnungen aufgeschaltet, die unter https://notariat. ru/ru-ru/help/probate-cases verfügbar ist. Ein solches Vorgehen ist empfehlenswert, wenn Zweifel betreffend den letzten Wohnsitz des Erblassers und damit betreffend die möglichen Zuständigkeiten für die Nachlassabwicklung bestehen (siehe unten). Erbscheine werden vom zuständigen Notar in der Regel erst nach Ablauf der sechsmonatigen Annahmefrist erstellt, obwohl der Notar die Erbscheine auch früher ausstellen darf, wenn nachgewiesen ist, dass keine weiteren Erben vorhanden sind (Art. 1163 ZGB-RU). Erben, die sich erst nach Ablauf der sechsmonatigen Frist melden, müssen die Annahmefrist von einem Gericht wiederherstellen lassen, wofür wichtige Gründe bestehen müssen, oder das Einverständnis der übrigen Erben einholen (Art. 1155 ZGB-RU).

Die gesetzliche Erbfolge nach russischem Recht greift, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat. Unterschieden wird zwischen acht Kategorien von Erben, wobei die erste Kategorie die Kinder, Adoptivkinder, Ehegatten und Eltern des Erblassers umfasst (Art. 1142 ZGB-RU). Die Erben jeder Kategorie erben zu gleichen Teilen und erben nur, wenn keine Erben der vorangehenden Kategorien von Erben vorhanden sind. Der überlebende Ehegatte profitiert zudem vorab vom russischen Familienrecht, denn (mangels abweichender Regelung in einem Ehevertrag) jegliches Vermögen, das während der Zeit der Ehe entstanden ist, stellt gemeinschaftliches eheliches Eigentum dar. Der überlebende Ehegatte hat Anspruch auf die Hälfte des gemeinschaftlichen ehelichen Eigentums (Art. 256 ZGB-RU). Die andere Hälfte fällt als Nachlassvermögen in den Nachlass, und der überlebende Ehegatte hat als Erbe der ersten Kategorie wiederum Anspruch auf einen Teil des Nachlassvermögens, je nachdem, wie viele weitere Erben der ersten Kategorie vorhanden sind.

Das russische Recht kennt zudem eine Testierfreiheit, die zum Teil weitreichender ist, als die Testierfreiheit gemäss Schweizer Recht (Art. 1118 ff. ZGB-RU). Im Gegensatz zur Schweiz, wo beispielsweise der Ehegatte und die Kinder des Erblassers in jedem Fall pflichtteilsberechtigt sind, sind gemäss russischem Recht nur die minderjährigen Kinder sowie die arbeitsunfähigen Kinder, Ehegatten und Eltern des Erblassers pflichtteilberechtigt, sowie Personen, die nicht mit dem Erblasser verwandt sind, aber von diesem mindestens ein Jahr vor seinem Tod Unterhalt bezogen haben (Art. 1148, 1149 ZGB-RU). Pflichtteilsberechtigte Erben haben Anspruch auf die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils.

2. Praxisbeispiel 1: Bankkonto in der Schweiz

Es kommt häufig vor, dass ein Erblasser mit letztem Wohnsitz in Russland ein Bankkonto und Wertschriftenportfolio in der Schweiz hatte. Die in Russland wohnhaften Erben möchten an das Nachlassvermögen in der Schweiz gelangen, was Auskünfte von der Schweizer Bank und deren Mitwirkung an der Nachlassteilung voraussetzt.

Die Nachlassabwicklung findet in diesem Fall am letzten Wohnsitz des Erblassers in Russland statt (Art. 1115 Abs. 1 ZGB-RU). Dabei wenden die russischen Behörden das russische Erbrecht an, beispielsweise um die Erbenstellung und die Erbteile zu bestimmen (Art. 1224 Abs. 1 ZGB-RU). Besteht kein Streit unter den Erben und sind sie mit den Modalitäten der Teilung der Vermögenswerte auf dem Bankkonto einverstanden, so können sie die Teilung der Vermögenswerte im formlosen Verfahren direkt bei der Bank beantragen, solange sie ihre Identität und ihre Erbenstellung mit einem beglaubigten und apostillierten russischen Erbschein nachweisen.

Sind aber die in Russland wohnhaften Erben in einen Streit um den Nachlass verwickelt, wird häufig von einem oder mehreren Erben ein Entscheid vor dem zuständigen Gericht in Russland erwirkt werden müssen, der die Erbteile, ggf. unter Berücksichtigung des Anteils des überlebenden Ehegatten am gemeinschaftlichen ehelichen Vermögen, festlegt. Aufgrund ihrer Sorgfaltspflichten sind Banken jedoch in den meisten Fällen nicht bereit, den Nachlass auf der Grundlage eines bloss übersetzten, aber nicht in der Schweiz anerkannten ausländischen Gerichtsentscheids zu verteilen.

Die Anerkennung des russischen Gerichtsentscheids erfolgt auf der Grundlage von Art. 96 i.V.m. Art. 25 ff. IPRG mittels eines Begehrens um Anerkennung und Vollstreckbarkeitserklärung des Entscheids. Das zuständige Gericht wird regelmässig das ordentliche Gericht am Belegenheitsort des Vermögens bzw. am Sitz der Bank sein (Art. 29 Abs. 1 IPRG i.V.m. Art. 335 Abs. 3 und 339 Abs. 1 lit. b ZPO).

Im Falle eines Verdachts, dass die Bank von anderen Erben dazu verleitet werden könnte, einen Teil des Nachlassvermögens herauszugeben, kann es der fraglichen Bank im gleichen Entscheid, ggf. unter Androhung der Straffolgen gemäss Art. 292 StGB, verboten werden, über das Vermögen zu verfügen. Mit einem Begehren um direkte Vollstreckung (Art. 335 ff. ZPO) und mit der Bank als Mitbeteiligte am Anerkennungsund Vollstreckungsverfahren kann die Bank zudem verpflichtet werden, dem klagenden Erben den ihm zustehenden Anteil am Nachlass auszuzahlen. Es empfiehlt sich aber, im Voraus mit der betreffenden Bank Kontakt aufzunehmen, um die Notwendigkeit solcher Anordnungen zu prüfen. Es wird auch empfohlen, im Voraus auf die Anerkennungsvoraussetzungen in Art. 25 IPRG sowie darauf zu achten, dass die betreffende Bank mit genauer Firma und Adresse gemäss schweizerischem Handelsregister und das Bankkonto mit der genauen Bankkontonummer im ausländischen Entscheid bezeichnet werden.

Besondere Vorsicht und Planung ist bei fiduziarischen Rechtsverhältnissen angebracht. Russische Klienten halten Aktien von Gesellschaften, von denen sie die wirtschaftlich Berechtigten sind, aus verschiedenen Gründen zum Teil (immer noch) indirekt durch Nominee-Aktionäre. Es empfiehlt sich, bei Vorhandensein solcher Vereinbarungen – die oft nicht einmal schriftlich festgehalten wurden – die Rechte des wirtschaftlich Berechtigten sowie das Vorgehen im Todesfall mit den Nominees bzw. dem jeweiligen Dienstleister schriftlich festzuhalten. Abgesehen von den praktischen Problemen in Verbindung damit, an Informationen über die Gesellschaften zu gelangen, können auch rechtliche Probleme entstehen. Je nach Ausgestaltung kann die Rechtsnatur von fiduziarischen Ansprüchen – und ob sie gemäss russischem Recht in den Nachlass des Erblassers fallen – strittig sein. Entsprechende Gerichtsverfahren können die Nachlassabwicklung oft um Jahre, und nicht nur um Monate, verzögern.

3. Praxisbeispiel 2: Nachlassvermögen in der EU und die EUErbrechtsverordnung

Bei Klienten mit EU-Bezug, insbesondere bei Klienten mit Vermögenswerten in der EU, ist im Zusammenhang mit der Nachlassplanung bzw. Nachlassabwicklung die mögliche Anwendbarkeit der EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO)2 zu berücksichtigen.3 Vor Inkrafttreten der EU-ErbVO führten Fragen im Zusammenhang mit der Zuständigkeit und dem anwendbaren Recht bei Erbsachen mit Berührungspunkten zu Russland und einem EU-Mitgliedstaat nicht selten zu Konflikten.

Seit Inkrafttreten der EU-ERbVO hat sich die Rechtslage wesentlich vereinfacht. Die EU-ErbVO hat zum Ziel, das internationale Privatrecht der EUMitgliedstaaten in grenzüberschreitenden Erbfällen zu harmonisieren. So stellt die EU-ErbVO sowohl für die Zuständigkeit für den Nachlass als auch für das auf die Rechtsnachfolge anwendbare Recht grundsätzlich auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Todeszeitpunkt ab (Art. 4 und 21 Abs. 1 EU-ErbVO). Es ist grundsätzlich nicht von Belang, wo sich das Nachlassvermögen befindet oder ob es sich um bewegliches oder unbewegliches Vermögen handelt. Das russische Recht stellt für Erbsachen sowohl für die Zuständigkeit alsauch für das anwendbare Recht bei beweglichem Vermögen auf den letzten Wohnsitz des Erblassers ab (Art. 1115 Abs. 1, 1224 ZGB-RU). Auf das unbewegliche Vermögen eines Erblassers ist jedoch das Recht am Belegenheitsort der Immobilie anwendbar (Art. 1224 Abs. 1 ZGB-RU). Zu bemerken ist, dass die Definitionen des gewöhnlichen Aufenthalts gemäss EU-ErbVO und des Wohnsitzes gemäss russischem Recht nicht genau deckungsgleich sind. Obwohl Konflikte nur in Ausnahmefällen entstehen dürften, sind Konstellationen denkbar, in denen Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt auseinan- derfallen könnten, z.B. im Falle eines Erblassers, der formell in Russland Wohnsitz hatte, aber bedeutsame Zeit bei seiner Familie in einem EUMitgliedstaat verbrachte. Es wäre denkbar, dass die Gerichte im betreffenden EU-Mitgliedstaat den gewöhnlichen Aufenthalt gemäss der EU-ErbVO in diesem EU-Mitgliedstaat annehmen könnten.4 Dies könnte zu einem forum running unter den Erben führen, um das für sie günstigste Forum zu ergreifen.

Die Bestimmung des Wohnsitzes (bzw. gewöhnlichen Aufenthalts) kann zudem in Einzelfällen Probleme bereiten. Der Begriff des Wohnsitzes ist im russischen Recht nicht gesetzlich festgelegt. Die Behörden stellen sowohl auf objektive Anknüpfungspunkte wie Wohndauer und zivilstandesamtliche Anmeldung als auch auf subjektive Kriterien wie Absichten, Verhaltensweisen und sozialen Bindungen ab. Bei Unklarheit darüber, ob ein Wohnsitz in Russland gegeben sein könnte, empfiehlt es sich, den Notar in Russland, der bei letztem Wohnsitz in Russland für die Nachlasseröffnung zuständig wäre, frühzeitig zu kontaktieren und Auskunft über eine allfällige Nachlasseröffnung in Russland zu verlangen. Ansonsten droht es den Erben, die sechsmonatige Frist zur Annahme der Erbschaft zu verpassen (Art. 1154 ZGB-RU). Esst schliesslich in jedem Fall darauf zu achten, dass Erben eines Erblassers, der Wohnsitz ausserhalb Russlands, aber einzelnes Nachlassvermögen in Russland hatte, die sechsmonatige Frist zur Annahme des Nachlasses nicht verpassen. Denn die Nachlasseröffnung betreffend dieses Vermögen findet am Belegenheitsort des Nachlassvermögens in Russland statt (Art. 1115 Abs. 2 ZGB).

Die Bestimmungen der EU-ErbVO können im Verhältnis zu Drittstaaten wie Russland und der Schweiz massgebend sein, wenn die subsidiäre Zuständigkeit am Belegenheitsort von Nachlassvermögen greift (Art. 10 EU-ErbVO). Die Zuständigkeit der Gerichte eines EU-Mitgliedstaates für Entscheidungen in Erbsachen im Zusammenhang mit dem Nachlass ist nämlich gegeben, wenn sich Nachlassvermögen zum Todeszeitpunkt in diesem Staat befindet, auch wenn der Erblasser zum Todeszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat wie Russland hatte. Die Zuständigkeit der betreffenden Gerichte des EU-Mitgliedstaates erstreckt sich sogar auf den gesamten Nachlass, sofern der Erblasser im Todeszeitpunkt entweder die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats hatte oder in den fünf Jahren vor dem Tod in diesem Mitgliedstaat (vorübergehenden) gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Andernfalls erstreckt sich die Zuständigkeit nur auf das betreffende Nachlassvermögen in dem EU-Mitgliedstaat (vgl. Art. 10 EU-ErbVO). Hingegen besteht gemäss russischem Recht in jedem Fall die Zuständigkeit für die Nachlassabwicklung am Belegenheitsort von Nachlassvermögen in Russland (Art. 1115 Abs. 2 ZGB-RU, siehe oben). Aufgrund der weiten Zuständigkeitsregelung gemäss Art. 10 EU-ErbVO können somit in Einzelfällen positive Kompetenzkonflikte entstehen. Für den Nachlass eines Erblassers mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Wohnsitz in Russland und Nachlassvermögen u.a. auf Zypern könnte somit eine Zuständigkeit in Zypern gegeben sein, wenn der Erblasser im Todeszeitpunkt entweder die Staatsangehörigkeit Zyperns besass oder in den fünf Jahren vor seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf Zypern hatte (Art. 10 EU-ErbVO). Hingegen ist gemäss russischem Recht der letzte Wohnsitz des Erblassers, d.h. in diesem Fall Russland, für die Nachlasszuständigkeit massgebend (Art. 1115 Abs. 1 ZGB-RU). Das gleiche Problem würde sich ergeben, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz gehabt hätte, weil das Schweizer Recht die Zuständigkeit für das Nachlassverfahren und die erbrechtlichen Streitigkeiten grund sätzlich am letzten Wohnsitz des Erblassers in der Schweiz vorsieht (Art. 86 IPRG).5 Die Lösung von solchen Kompetenzkonflikten ist dem internationalen Privatrecht eines jeden Landes überlassen.6

Eine Nachlassplanung zu Lebzeiten kann somit ratsam sein, wenn ein Klient Vermögen in einem EU-Mitgliedstaat besitzt, insbesondere um gegen positive Kompetenzkonflikte gestützt auf Art. 10 EU-ErbVO Vorsorge zu treffen. Es kann z.B. bei Anwendbarkeit der jeweiligen Rechtsordnung eine Rechtswahlmöglichkeit in Anspruch genommen werden (vgl. Art. 22 EU-ErbVO oder Art. 90 Abs. 2 und Art. 91 Abs. 2 IPRG), oder Vermögen kann umstrukturiert oder veräussert werden. Es kann sich lohnen, zufällige oder unnötige zuständigkeitsbegründende Berührungspunkte zu einem EU-Mitgliedstaat zu Lebzeiten zu beseitigen, insbesondere bei Vorhandensein von Erben mit Konfliktpotential.

4. Fazit

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten im Zusammenhang mit zukünftigem Nachlassvermögen betreffend die Schweiz und Russland empfiehlt sich eine frühzeitige Nachlassplanung, insbesondere unter Berücksichtigung der Besonderheiten der erbrechtlichen Bestimmungen Russlands. Dies gilt umso mehr für Konstellationen, in welchen mehrere Rechtsordnungen, inklusive ggf. die EU-ErbVO, zur Anwendung gelangen könnten, insbesondere mit Blick auf die weitreichende Zuständigkeitsregelung gemäss Art. 10 EU-ErbVO. Nach einem Todesfall sind die verschiedenen möglichen anwendbaren Bestimmungen genau zu analysieren und Risiken möglichst zu beseitigen, insbesondere weil Erben eines Erblassers mit letztem Wohnsitz in Russland oder mit Nachlassvermögen in Russland besonders auf die sechsmonatige Frist zur Annahme der Erbschaft zu achten haben.

Footnote

1 Die Autorin dankt Nikolai Bobrinsky, Rechtsanwalt bei Secretan Troyanov Schaer in Moskau, für seinen Beitrag betreffend das russische Recht im vorliegenden Artikel.

2 Die EU-Verordnung Nr. 650/2012 vom 4. Juli 2012 (EU-Erbrechtsverordnung) ist auf Erbfälle anwendbar, die ab dem 17. August 2015 eintreten. Sie findet in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich Anwendung.

3 Vor Prüfung der Anwendbarkeit der EU-Erbrechtsverordnung ist das Bestehen allfälliger Spezialabkommen zu prüfen, die der EU-ErbVO vorgehen.

4 Im umgekehrten Fall, wenn aus russischer Sicht der letzte Wohnsitz im EU-Mitgliedstaat lag, aus Sicht des EU-Mitgliedstaates der letzte gewöhnliche Aufenthalt jedoch in Russland lag, entsteht ein negativer Kompetenzkonflikt.

5 Zurzeit ist eine Revision des IPRG im Gange, mit welcher die erbrechtlichen Bestimmungen des IPRG auf die EU-ErbVO abgestimmt werden sollen. Das Inkrafttreten wird nicht vor 2020 erwartet.

6 In der Schweiz beispielsweise ist der Zeitfaktor und die Anerkennungsfähigkeit massgebend, vgl. Art. 9 i.V.m. Art. 27 Abs. 2 lit. c IPRG.

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