Die Tourismus- und Eventbranche leiden und es ist damit zu rechnen, dass auch Produktionsbetriebe bald betroffen sein werden. Kurzarbeit kann Abhilfe schaffen und die wirtschaftlichen Konsequenzen des Coronavirus für Arbeitgeber und Arbeitnehmende mindern.

In den vergangenen Tagen haben verschiedene Schweizer Betriebe, die unter den Folgen der Corona-Epidemie leiden, Gesuche um Kurzarbeitsentschädigung eingereicht. Die Gesuche sind von den kantonalen Behörden zum Teil bereits bewilligt worden. Der vorliegende Artikel beleuchtet die Frage, unter welchen Umständen betroffene Betriebe Kurzarbeitsentschädigungen beantragen und welche Stolpersteine diesen entgegenstehen können.

Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung aufgrund von Coronavirus-bedingten Arbeitsausfällen

Kurzarbeit ist die vorübergehende Reduktion oder Einstellung der Arbeit in einem Betrieb. Der Arbeitsvertrag bleibt aber bestehen. Zweck der Kurzarbeit ist es also, vorübergehende Beschäftigungseinbrüche auszugleichen und letztendlich Arbeitsplätze zu erhalten. Mit der Kurzarbeitsentschädigung («KAE») bietet der Staat dem Arbeitgeber eine Alternative zu drohenden Entlassungen, indem er einen Teil des Arbeitsausfalls entschädigt. Für die Arbeitnehmenden bietet die KAE den Vorteil, dass Arbeitslosigkeit vermieden wird, ihnen der umfassende Schutz des Arbeitsrechts erhalten bleibt und in der beruflichen Vorsorge keine Beitragslücken entstehen.

Die kantonalen Behörden dürfen KAE nur unter strengen Voraussetzungen zusprechen. Vorausgesetzt ist insbesondere, dass ein Arbeitsausfall auf einen der folgenden beiden Gründe zurückzuführen ist:

i. wirtschaftliche Gründe, die unvermeidbar sind, oder

ii. behördliche Massnahmen, die der Arbeitgeber nicht vermeiden und für deren Schaden er keinen Dritten (insb. keine Versicherung) haftbar machen kann.

Fraglich ist, ob die derzeit grassierende, durch das Coronavirus ausgelöste Epidemie als anspruchsbegründender Tatbestand betrachtet werden kann. Das SECO hat am 2. März 2020 mitgeteilt, dass es

das Auftreten des Coronavirus und dessen Auswirkungen nicht als normales Betriebsrisiko betrachtet. Einige Beispiele dazu hat das SECO in einem FAQ «Pandemie und Betriebe» vom 28. Februar 2020 konkretisiert. Folglich ist davon auszugehen, dass Arbeitsausfälle, die aufgrund von behördlichen Massnahmen entstanden sind, einen Anspruch auf KAE begründen – so beispielsweise das bis mindestens am 15. März 2020 geltende Verbot des Bundesrates von Grossveranstaltungen mit mehr als 1'000 Personen (die Kantone haben zum Teil tiefere Zahlen festgelegt), behördliche Transportbeschränkungen, welche den Zugang zum Arbeitsort erschweren, die Abriegelung von Städten (Quarantäne) oder ein vom Arbeitgeber nicht zu vertretendes Betriebsverbot. Ebenso können Arbeitsausfälle, die auf wirtschaftliche (d.h. sowohl konjunkturelle als auch strukturelle) Ursachen zurückgehen, einen Anspruch auf KAE begründen. Dies kann beispielsweise für Arbeitsausfälle zufolge Nachfragrückgangs wegen Infizierungsängsten (z.B. ausbleibende Laufkundschaft) oder zufolge Produktions-/ Absatzrückgangs wegen Lieferschwierigkeiten gelten. Solche Umstände sind i.d.R. nicht vom Arbeitgeber zu vertreten und können deshalb Anlass für eine KAE bilden.

Nicht abschliessend geklärt ist die Abgrenzung zwischen Arbeitsausfällen, die dem normalen Betriebsrisiko des Arbeitgebers zuzuordnen und deshalb von diesem zu tragen sind (Arbeitgeberverzug nach Art. 324 OR), einerseits und den unvermeidbaren wirtschaftlichen Gründen, die einen Anspruch auf KAE begründen, andererseits. Nach hier vertretener Auffassung muss der Arbeitgeber jedenfalls dann zu einer KAE berechtigt sein, wenn er sich gezwungen sieht, den Betrieb ganz oder teilweise zu schliessen, weil er zufolge krankheitsbedingter Absenzen eines Teils der Belegschaft die Sicherheit oder ordnungsgemässe Produktion im Betrieb nicht mehr gewährleisten kann. Der Arbeitgeber ist demgegenüber im Verzug und kann das Lohnrisiko nicht auf den Staat abwälzen, wenn er seinen Betrieb nur vorsichtshalber schliesst um weitere Ansteckungen zu verhindern.

Keine KAE bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder selbstauferlegter Quarantäne

Kein Anspruch auf KAE besteht, wenn der Arbeitgeber nach Art. 324a OR (Krankheit des Arbeitnehmenden etc.) lohnfortzahlungspflichtig ist. Dies gilt insbesondere für jene Fälle, in denen Arbeitnehmende aus persönlichen Gründen, aber ohne ihr Verschulden, arbeitsunfähig sind, so wenn Arbeitnehmende selbst an COVID-19 erkranken oder (für eine beschränkte Zeit) kranke Familienmitglieder betreuen müssen.

Wenn Arbeitnehmende aus Angst vor Erkrankung zu Hause bleiben, ohne unverschuldet arbeitsunfähig zu sein und ohne dabei Home-Office-Arbeit zu leisten, gilt für den Arbeitnehmenden der Grundsatz: «ohne Arbeit kein Lohn» und es besteht auch kein Anspruch auf KAE.

Weitere Anspruchsvoraussetzungen der KAE

Die Arbeitsämter dürfen KAE ausserdem nur dann gewähren, wenn ein Arbeitsausfall vorübergehend ist und erwartet werden darf, dass Arbeitsplätze dank Kurzarbeit erhalten bleiben. Daraus folgt, dass Arbeitnehmende im gekündigten Arbeitsverhältnis und solche mit befristeten Arbeitsverträgen keinen Anspruch auf KAE haben. Ebenfalls keinen Anspruch haben Arbeitnehmende, die zum obersten betrieblichen Entscheidungsgremium gehören. Eine wichtige Ausnahme gilt schliesslich für TemporärArbeitnehmende: Weder der Verleih- noch der Einsatzbetreib kann für diese Arbeitnehmenden eine KAE erwirken.

Die Arbeitnehmenden müssen ausserdem mit der Kurzarbeit einverstanden sein. Die Zustimmung muss schriftlich auf einem vorgesehenen Formular abgegeben und bei der Voranmeldung der zuständigen Behörde eingereicht werden. Sind die Arbeitnehmenden nicht einverstanden, haben sie grundsätzlich weiterhin Anspruch auf Entlöhnung gemäss Arbeitsvertrag. Die KAE beträgt demgegenüber nur 80% des anrechenbaren Verdienstausfalls, wobei der versicherte Verdienst in der Höhe begrenzt ist (derzeit CHF 12'350 pro Monat).

Weiter setzt eine KAE voraus, dass der Arbeitsausfall mindestens 10% der Arbeitsstunden ausmacht, die normalerweise geleistet werden. Als Vergleichsbasis dient die vertraglich vereinbarte, maximal aber die orts- und branchenübliche Arbeitszeit. Der Arbeitgeber muss also für die Dauer des Anspruchs auf KAE den konkreten Arbeitsausfall der betroffenen Arbeitnehmenden nachweisen und belegen – ein blosser Einsatzplan reicht nicht. Das bedeutet, dass Betriebe, welche die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmenden gar nicht erfassen oder deren Arbeitnehmende rechtsgültig auf die Arbeitszeiterfassung verzichtet haben, Schwierigkeiten haben werden, einen Anspruch auf KAE gegenüber der Arbeitslosenkasse durchzusetzen. Im Falle unterlassener Arbeitszeiterfassung ist dem betroffenen Arbeitgeber zu empfehlen, seine Arbeitnehmenden zur Arbeitszeiterfassung einseitig anzuweisen. Der Verzicht auf Arbeitszeiterfassung kann vom Arbeitgeber demgegenüber nur jährlich widerrufen werden. Deshalb muss der Arbeitgeber in solchen Fällen die Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmenden einholen, zumindest für die Zeit der KAE ihre Arbeitszeiten zu erfassen.

Prozessuales und Pflichten des Arbeitgebers

Will ein Betrieb KAE beantragen, hat er die geplante Kurzarbeit mindestens zehn Tage vor deren Beginn der kantonalen Behörde schriftlich mittels Formulars zu melden. Die Anmeldefrist beträgt nur drei Tage, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass die Kurzarbeit wegen plötzlich eingetretener, nicht voraussehbarer Umstände eingeführt werden muss. Während der Meldefrist besteht kein Anspruch auf KAE. Die Voranmeldeformulare können bei der zuständigen kantonalen Behörde bezogen werden.

Der Arbeitgeber hat sodann die folgenden Pflichten:

– den betroffenen Arbeitnehmenden die KAE in Höhe von 80% des anrechenbaren Verdienstausfalles auszurichten (Vorschusspflicht);

– die vollen Lohnkosten für zwei respektive drei Karenztage (Selbstbehalt des Arbeitgebers) pro Halbjahr zu übernehmen;

– während der Kurzarbeit die vollen (d.h. auf Basis des 100%-Lohnes) gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Sozialversicherungsbeiträge (AHV, IV, PK etc.) abzuführen. Der Arbeitgeber darf allerdings die vollen Arbeitnehmerbeiträge vom Lohn der Arbeitnehmenden abziehen. Ausserdem erstattet die Arbeitslosenkasse dem Arbeitgeber die Arbeitgeberbeiträge zurück.

Die Abrechnung über die Arbeitslosenkasse erfolgt jeweils rückwirkend und der Arbeitgeber hat seinen Anspruch innert Frist von drei Monaten nach Ablauf jeweils eines Monates (oder von vier Wochen) Kurzarbeit geltend zu machen. Verpasst der Arbeitgeber diese Fristen, verwirkt sein Anspruch.

Ausblick und Empfehlung

Es ist noch nicht absehbar, wie sich die Corona-Epidemie weiterentwickeln und wie hoch der wirtschaftliche Schaden ausfallen wird. Mit der KAE hat der Schweizer Gesetzgeber ein Instrument geschaffen, das Schweizer Betriebe unterstützen kann. Arbeitgeber sollten frühzeitig den Bedarf und die Voraussetzungen für KAE prüfen, damit gegebenenfalls eine Voranmeldung an die zuständige Behörde rasch erfolgen kann.

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