Nach Schweizer Recht löst ein Zusammenschlussvorhaben ungeachtet des Erreichens der gesetzlichen Umsatzschwellen eine Meldepflicht aus, wenn für eines der beteiligten Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung festgestellt worden ist. Bislang war unklar, ob dieses Kriterium zum Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts oder des Verfügungsgeschäfts erfüllt sein musste. Diese Frage hat die Behörde nun geklärt.

Meldepflicht eines Zusammenschlussvorhabens

Gemäss Artikel 9 Absatz 4 des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen ("KG") sind Zusammenschlussvorhaben ungeachtet des Erreichens der Umsatzschwellen von Artikel 9 Absatz 1 und 3 KG den Schweizer Wettbewerbsbehörden zu melden, wenn (i) am Zusammenschluss ein Unternehmen beteiligt ist, für welches in einem Verfahren nach KG rechtskräftig festgestellt worden ist, dass es in der Schweiz auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung hat, und (ii) der Zusammenschluss diesen Markt oder einen solchen betrifft, der ihm vor- oder nachgelagert oder benachbart ist.

Hintergrund der Beratungsanfrage

Im vorliegenden Fall erreichten die Umsätze der am Zusammenschuss beteiligten Unternehmen nicht alle Schwellenwerte nach Artikel 9 Absatz 1 KG. Eines der beteiligten Unternehmen kontrollierte jedoch eine Tochtergesellschaft, für welches die WEKO eine marktbeherrschende Stellung auf einem Markt verfügt hatte, der vom Zusammenschlussvorhaben betroffen war. Diese Verfügung hatte die Tochtergesellschaft vor Gericht angefochten und das betreffende Verfahren war im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts (Signing) vor dem Bundesgericht hängig. Die beteiligten Unternehmen konnten somit nicht ausschliessen, dass das Bundesgericht die marktbeherrschende Stellung noch vor dem Verfügungsgeschäft (Closing) bestätigen würde. Weshalb sich die Frage stellte, ob in diesem Fall eine fusionskontrollrechtliche Meldepflicht begründet würde.

Die beteiligten Unternehmen wandten sich deshalb an das Sekretariat der WEKO. Dieses hatte darüber zu befinden, ob der Entscheid über die marktbeherrschende Stellung zum Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts oder zum Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts rechtskräftig sein muss.

Massgeblicher Zeitpunkt zur Bestimmung einer Meldepflicht eines Zusammenschlussvorhabens

Das Sekretariat der WEKO weist in seiner Beratung darauf hin, dass der Gesetzgeber Kriterien für Zusammenschlussvorhaben schaffen wollte, die für Unternehmen leicht anzuwenden seien. Dies gelte auch für das Kriterium der rechtskräftig festgestellten Marktbeherrschung.

Wäre für die Meldepflicht der Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts massgeblich, so bestünde bis zum Zeitpunkt des Vollzugs des Zusammenschlussvorhabens für die Parteien Unsicherheit. Eine solche Unsicherheit würde den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzen.

Darüber hinaus würde das Abstellen auf den Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts dem Prinzip widersprechen, dass eine Meldung vor deren Vollzug eingereicht werden muss. Per Definition ist es nicht möglich, eine Transaktion vor deren Vollzug zu melden und gleichzeitig für die Bestimmung einer Meldepflicht auf den Sachverhalt zum Zeitpunkt des Vollzugs abzustellen. Schliesslich stellen auch die Umsatzschwellen gemäss Artikel 9 Absatz 1 KG auf die zum Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts verfügbaren Geschäftsberichte und Umsatzzahlen ab.

Schlussfolgerung

Ob eine Meldepflicht gemäss Art. 9 Abs. 4 KG besteht, hängt vom Sachverhalt im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts ab. Der Entscheid über die marktbeherrschende Stellung muss folglich im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts rechtskräftig sein, um eine Meldepflicht des Zusammenschlussvorhabens auszulösen.

Eine rechtskräftige Feststellung der marktbeherrschenden Stellung, die zwischen Verpflichtungsund Verfügungsgeschäfts ergeht, ist für die Meldepflicht hingegen irrelevant.

Die Beratung des Sekretariats der WEKO ist nicht rechtsverbindlich. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Sekretariat der WEKO diese Position in einem konkreten Verfahren beibehalten würde.

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