Einleitung
Die FMA hat Mitte Dezember 2020 ihre Publikation Fakten, Trends & Strategien für das Jahr 2021 veröffentlicht. Auf Basis einer umfassenden Risikoanalyse legt die FMA darin ihre angepasste Aufsichtsstrategie sowie darauf aufbauend ihre Aufsichts- und Prüfschwerpunkte für das kommende Jahr 2021 offen. Die FMA versucht so, Marktteilnehmer und Stakeholder nicht nur über aktuelle Entwicklungen auf dem Finanzmarkt, sondern auch - für Unternehmen der Finanzbranche von besonderer Relevanz - über den Fokus ihrer Prüfung und Aufsichtstätigkeit im kommenden Jahr zu informieren. Beaufsichtigten Unternehmen soll somit die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die Aufsicht und Prüfung in den entsprechenden Risikofeldern einstellen und auch deren eigene Schwerpunkte bei der Weiterentwicklung ihrer Tätigkeiten und Kontrollen darauf aufbauend anpassen zu können.

In folgenden sechs Bereichen wird die FMA im Jahr 2021 Schwerpunkte setzen:

Schwerpunkt 1: RESILIENZ UND STABILITÄT

Die seit der globalen Finanzkrise gesteigerte Krisenresistenz der Finanzwirtschaft konnte sich in der Covid-19-Pandemie bisher gut bewähren und die Finanzwirtschaft konnte einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Krise und zur Stützung der Realwirtschaft leisten.

Um dies weiterhin zu gewährleisten, plant die FMA das foward-looking Element des Aufsichtsansatzes auszubauen. Dies schließt nicht nur eine Weiterentwicklung der Verarbeitungs- und Bearbeitungsmethoden von Daten sowie Analysetools mit ein, sondern auch die zeitnahe behördliche Würdigung der Ergebnisse aus dem mikro- und makroprudenziellen Monitoring des Bankensektors bzw auch die Risiken des Klimawandels für das Versicherungsgeschäft und dessen Abschätzverfahren. Zur Früherkennung plant die FMA regelmäßige Meetings mit Stakeholdern und die Evaluierung von Geschäftsmodellen in puncto Nachhaltigkeit sowie Business Continuity Management. Die FMA möchte ferner die Abwicklungsfähigkeit der Kreditinstitute weiter verbessern. Dabei wird ein Fokus auf noch bessere Datenbereitstellungen gelegt werden. Auch das Thema der Liquidität in der Abwicklung möchte die FMA verstärkt prüfen. Nicht nur die Crisis Governance der Institute, sondern auch die Organisation der Aufsicht selbst soll verbessert werden, ua durch Vornahme von Testläufen (Dry Runs) im Bereich von Abwicklungsprozessen.

Im Bereich Crisis Governance kündigt die FMA konkret an, das Business Continuity Management gemäß MiFID II sowie Notfallpläne von Depotbanken und Asset Managern im Zuge von Vor-Ort Prüfungen vertieft prüfen zu wollen.

Ein weiterer Fokus der FMA-Prüfung wird die Rolle des Aufsichtsrats in der Governance-Struktur (einschließlich Prüfung der Berichtspflichten gemäß den delegierten Rechtsakten zu MiFiD II) sein.

Letztlich verlangt die FMA weiterhin eine sorgfältige und nachhaltige Kreditvergabepolitik und kündigt an, insbesondere die Integration der "EBA-Guidelines on loan-origination and monitoring" stärker in die Aufsichtsprozess (auch nach SREP - Supervisory Review and Evaluation Process) einfließen lassen zu wollen. Die FMA wird in diesem Zusammenhang auch "Loan origination funds"-Modelle, dh die Kreditvergabe durch Debt Fonds, genauer analysieren. Derartige Fonds sollten die aufsichtlichen Entwicklungen in diesem Bereich daher genau verfolgen.

Schwerpunkt 2: DIGITALISIERUNG

Die FMA plant für 2021 eine neue sektorübergreifende Digitalisierungsstudie (nach Vorbild 2018/19) durchzuführen, wobei insbesondere rein digitale Geschäftsabwicklungen analysiert werden sollen.

Die FMA erkennt, dass nach wie vor zahlreiche Digitalisierungshindernisse bestehen und sie bekennt sich zu deren Beseitigung. So will die FMA etwa Hemmnisse wie bestehende Schriftformerfordernisse, Videoberatung, das Thema "dauerhafter Datenträger" und weiteres untersuchen und Vorschläge erarbeiten, um rein digitale Geschäftsmodelle zu ermöglichen.

Da aus Sicht der FMA digitale Geschäftsmodelle auch robuster IT-Systeme bedürfen, legt die FMA weiterhin einen Prüfschwerpunkt auf IT- und Cyberrisiken sowie Cybersecurity. Speziell sollen Cyberrisiken in Bezug auf Versicherungsunternehmen vertiefend geprüft werden.

Darüber hinaus plant die FMA eine möglichst vollständige "Landkarte" von Verflechtungen zwischen Finanzdienstleistern (weiter) aufzubauen, um Abhängigkeiten, Konzentrations- und systemische Risiken frühzeitig erkennen zu können. Sie sieht mögliche Abhängigkeiten insbesondere in der Nutzung von nur wenigen gemeinsamen Cloud-Providern oder Zahlungsdienstleistern.

Schwerpunkt 3: NEUE GESCHÄFTSMODELLE

Finanzdienstleistungen und Produkte basieren vermehrt auf neuen Technologien wie etwa der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), Krypto-Assets oder Artificial Intelligence (AI).

Die FMA möchte sowohl die Aspekte des kollektiven Verbraucherschutzes als auch der aufsichtsrechtlichen Begleitung innovativer Geschäftsmodelle ausbalancieren. Diese Brücke hofft die FMA ua mit der Einrichtung der Regulatory Sandbox zu schlagen, die im Jahr 2021 operationalisiert werden soll (siehe unser ausführliches Legal Insight zur Regulatory Sandbox hier).

Im Prüfungsfokus der FMA werden ferner Geschäftsmodelle liegen, welche Tokenization-Dienstleistungen von traditionellen Vermögenswerten vorsehen. Auf die dynamische Entwicklung in diesem Bereich möchte die FMA mit verstärkten Prüfungen reagieren.

Zusätzlich zu herkömmlichen Handelsplätzen führen vermehrt neuartige Plattformen die Interessen von Investoren zusammen. Aus den Prüfschwerpunkten für 2021 lässt sich erkennen, dass die FMA ein vermehrtes Augenmerk auf diesen Bereich legen wird. Wie sich bereits 2020 ankündigte, wird die FMA auch im Jahr 2021 einen Prüffokus auf die Anti-Geldwäsche-Vorschriften von Virtual Asset Service Providers legen, die einer Registrierungspflicht in Österreich unterliegen (siehe unser Legal Insight zu Virtual Asset Service Providers hier).

Darüber hinaus plant die FMA, die Auswirkungen der Crowdfunding-Verordnung für digitale Vermögenswerte ua in Bezug auf das Alternative Investmentfonds Manager Gesetz zu evaluieren und sich vertieft mit der Zunahme von AI-Anwendungen bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen, dem Bankensektor sowie im Asset-Management zu beschäftigen.

Schwerpunkt 4: NACHHALTIGKEIT

Auch die FMA setzt im Jahr 2021 einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit: so sollen der Umstieg zu einer klimaneutralen Wirtschaft unterstützt und die Risiken des Klimawandels für den Finanzmarkt reduziert werden. Bei der Festlegung der Prüfschwerpunkte zeigt sich klar, dass die FMA im Jahr 2021 die Überprüfung der Anwendung der bereits vorliegenden Regularien im Bereich Nachhaltigkeit der Finanzmärkte sowie deren Berücksichtigung in beaufsichtigten Unternehmen als einen wichtigen Bereich ihrer Prüftätigkeiten definiert.

Die FMA verweist dabei besonders auf den im Juli 2020 von ihr veröffentlichten eigenen Leitfaden zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. Besonderes Augenmerk bei den Prüfungen im Jahr 2021 wird die FMA auf die Anwendung der Disclosure-VO (wonach Unternehmen Information über Nachhaltigkeitsrisiken auf ihrer Website sowie in die vorvertragliche Information von Finanzprodukten aufzunehmen haben), der Offenlegungspflichten unter der EU-Verordnung zu Referenzwerten für den klimabedingten Wandel, sowie der Taxonomie-VO (die ein EU-weites Klassifikationssystem für nachhaltige Investitionen etabliert) legen.

Die FMA wird die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in die Geschäftsabläufe von Unternehmen der Finanzbranche überprüfen. Sie verlangt dabei, dass Nachhaltigkeitsrisiken aktiv im Risikomanagement, der Strategie und der Governance berücksichtigt werden. Die FMA erwartet innerhalb von Unternehmen klare Verantwortlichkeiten und ein angemessenes Wissens- und Personalmanagement im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken und fordert besondere Anstrengungen zur Schaffung einer belastbaren Datenlage zur Beurteilung von Nachhaltigkeitsrisiken.

Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken wird Eingang in den SREP-Prozess finden und die Ergebnisse sollen in Managementgesprächen adressiert werden. Ausdrücklich werden auch Versicherungsunternehmen und Pensionskassen (ua im Portfolio Management) dazu angehalten, Klimaszenarien sowie CO2-Konformität, besonders auch hinsichtlich Verwundbarkeit, zu berücksichtigen. Die Integration von Nachhaltigkeitsrisken wird auch einen Schwerpunkt im Asset Management (KAG/ImmoKAG/AIFM und BVK) bilden und im Zuge von Vor-Ort-Prüfungen evaluiert werden.

Schwerpunkt 5: SAUBERER FINANZPLATZ ÖSTERREICH

Als besonderen Prüfschwerpunkt kündigt die FMA an, den unerlaubten Geschäftsbetrieb im Zusammenhang mit neuen Geschäftsmodellen überprüfen zu wollen, wobei insbesondere Virtual Asset Service Provider und ihre entsprechende Registrierung Gegenstand der Aufsicht und Überprüfung sein werden (siehe auch schon oben bei Schwerpunkt 3). Die FMA plant ferner die (IFRS-)Rechnungslegung bei Emittenten durch die strukturierte Analyse von standardisierten (ESEF-)Daten zu überprüfen, aber auch sonstige öffentliche Information wie etwa Ad-hoc-Meldungen auf Auffälligkeiten zu plausibilisieren, besonders im Hinblick auf COVID-19-Auswirkungen. In diesem Sinne wird die FMA auch besonders Präventionsmaßnahmen der Banken im Bereich der Wertpapier Compliance (inkl Insider Trading und Marktmanipulation) und die Einhaltung von Handelsverboten durch Führungskräfte überprüfen.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des 2020 veröffentlichten AML-Action Plan der Europäischen Kommission wird die FMA die Sorgfaltspflichten zur Prävention der Geldwäsche auch bei Anbietern neuer Geschäftsmodelle fokussiert überprüfen. Es ist daher mit verstärkten Vor-Ort-Prüfungen der FMA bei Virtual Asset Service Providers sowie im Bereich Money Remittance (Zahlungsdienstleister, Agenten, Central Counterparties) zu rechnen.

Schwerpunkt 6: KOLLEKTIVER VERBRAUCHERSCHUTZ

Die FMA möchte weiterhin durch Transparenz und Information das Vertrauen in den Finanzmarkt stärken. Sie wird die Wahrung der Informationspflichten sowie Kostentransparenz, besonders die Marktkonformität von Kosten, Gebühren und Spesen, prüfen und legt einen besonderen Prüfungsschwerpunkt auf Verbrauchertrends. Ferner werden Produktentwicklung und Vertrieb von Versicherungsprodukten, besonders in Hinblick auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, vertieft überprüft.

Fazit
Die Prüfschwerpunkte der FMA für das Jahr 2021 folgen zu einem Großteil den europäischen Trends in der Aufsichtslandschaft, besonders in den Bereichen Nachhaltigkeit und Geldwäscheprävention. Neben der Verschärfung bereits bestehender Prüfschwerpunkte plant die FMA ausdrücklich Verbesserungen in den Bereichen Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle, wie etwa die von der FMA beabsichtigte Beseitigung von (Digitalisierungs-)Hindernissen (zB des strengen (Unter-)Schriftformgebotes in manchen Bereichen) oder die Operationalisierung der Regulatory Sandbox. Gleichzeitig bekennt sich die FMA zu ihrem Aufsichtsprinzip: "Gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regeln". Die FMA beabsichtigt daher, Regulierung und Aufsicht lückenlos auch auf die Welt der Krypto-Assets und neuer Geschäftsmodelle auszuweiten und setzt 2021 insbesondere auf die verstärkte Überprüfung von Virtual Asset Service Providers.

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