Voraussichtlich am 1. Januar 2020 werden das Bundesgesetz über die Finanzdienst-leistungen (FIDLEG) und das Bundesgesetz über die Finanzinstitute (FINIG) in Kraft treten. Mit diesen beiden Gesetzen wird die heute geltende Finanzmarktarchitektur tiefgreifend umgebaut. Nachfolgend wird ein kurzer Überblick über die wesentlichen Änderungen, die das FIDLEG mit sich bringen wird, gegeben.

I. WAS BEZWECKEN FIDLEG UND FINIG?

Mit den beiden Gesetzen soll der Kundenschutz und das Ansehen wie auch die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz verstärkt werden. Mit diesem Regelwerk soll Schweizer Finanzinstituten auch die Möglichkeit zum Zugang zum europäischen Markt gewährt werden. Mit dem FIDLEG werden sektorübergreifend einheitliche Bedingungen für das Erbringen von Finanzdienstleistungen geschaffen. Das Verhalten am «Point of Sale» wird künftig für alle Finanzprodukte im FIDLEG geregelt. Ebenso werden für die Verkaufsdokumentation der Finanz-produkte einheitliche Regeln gelten. Das FINIG unterstellt künftig alle Vermögensverwalter einer prudenziellen Aufsicht. Dies stellt für unabhängige Vermögensverwalter eine markante Änderung dar, da sie bis anhin nicht beaufsichtigt waren.

Viele Bestimmungen des FIDLEG werden in der Finanzdienstleistungsverordnung näher konkreti-siert. Das Vernehmlassungsverfahren zum Entwurf-FIDLEV (E-FIDLEV) endete am 6. Februar 2019. Die Regelungen im E-FIDLEV sind daher noch nicht in Stein gemeisselt. Die finalen Fassungen werden auf das 3. Quartal 2019 erwartet.

II. WER IST DEM FIDLEG UNTER-STELLT?

Das FIDLEG gilt für Finanzdienstleister, Kundenbe-rater sowie für Ersteller und Anbieter von Finanzin-strumenten.

Finanzdienstleister sind Personen, die gewerbs-mässig Finanzdienstleistungen in der Schweiz oder für Kunden in der Schweiz erbringen. Der Begriff der Finanzdienstleistung ist entscheidend für die Frage der Anwendbarkeit des FIDLEG. Finanzdienstleis-tungen i.S. des FIDLEG sind die folgenden für Kun-den erbrachten Tätigkeiten:

  • Erwerb oder Veräusserung von Finanzinstru-menten;
  • Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die Finanzinstrumente zum Gegenstand haben;
  • Vermögensverwaltung;
  • Anlageberatung; und
  • Gewährung von Krediten für die Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten.

Auch der Vertrieb von Anlagefonds gilt als Finanz-dienstleistung.

Als Finanzinstrumente gemäss FIDLEG gelten u.a. Beteiligungspapiere wie z.B. Aktien, Partizipations- oder Genussscheine, Anleihensobligationen, Anteile an kollektiven Kapitalanlagen, strukturierte Produkte und Derivate.

Kundenberater sind natürliche Personen, die im Namen eines Finanzdienstleisters oder selbst als Finanzdienstleister Finanzdienstleistungen erbrin-gen.

Nicht unter das FIDLEG fallen dagegen unter ande-rem Versicherungsunternehmen und Versiche-rungsbroker, soweit ihre Tätigkeit dem Versiche-rungsaufsichtsgesetz untersteht, wie auch die Vor-sorgeeinrichtungen.

III. KUNDENSEGMENTIERUNG ALS NEUE PFLICHT FÜR FINANZ-DIENSTLEISTER AM «POINT OF SALE»

Die Finanzdienstleister müssen ihre Kunden, denen sie Finanzdienstleistungen erbringen, einem der folgenden Segmente zuordnen:

  • Institutionelle Kunden
  • Professionelle Kunden
  • Privatkunden

Je nach Kundensegment ist der Kundenschutz im FIDLEG höher oder geringer.

Als Institutionelle Kunden gelten:

  • Finanzintermediäre gemäss Bankengesetz, FINIG und dem Bundesgesetz über die kol-lektiven Kapitalanlagen (KAG), wie z.B. Ban-ken, Fondsleitungen, Vermögensverwalter und Wertpapierhäuser;
  • Versicherungsunternehmen nach Versiche-rungsaufsichtsgesetz;
  • ausländische, einer prudenziellen Aufsicht unterstehende Kunden wie z.B. ausländische Banken, Fondsleitungen und Vermögensver-walter;
  • Zentralbanken; und
  • nationale und supranationale öffentlich-rechtliche Körperschaften mit professioneller Tresorerie.

Zur Gruppe der Professionellen Kunden gehören nebst den vorgenannten Institutionellen Kunden auch folgende Kunden:

  • Vorsorgeeinrichtungen mit professioneller Tresorerie;
  • Unternehmen mit professioneller Tresorerie;
  • grosse Unternehmen (d.h. Unternehmen, die zwei der folgenden Grössen überschreiten: Bi-lanzsumme von CHF 20 Mio., Umsatzerlös von CHF 40 Mio., Eigenkapital von CHF 2 Mio.); und
  • private Anlagestrukturen mit professioneller Tresorerie, die für vermögende Privatkunden errichtet werden.

Privatkunden sind alle Kunden, die weder professi-onelle Kunden noch institutionelle Kunden sind. Als solche geniessen sie den vollen, im FIDLEG vorge-sehenen Kundenschutz.

Auf eine Kundensegmentierung kann verzichten, wer alle seine Kunden als Privatkunden behandelt.

IV. OPTING-IN UND OPTING-OUT

Bestimmte Kundenkategorien haben die Möglichkeit eines Opting-in, womit sie einen höheren Kunden-schutz erhalten. Umgekehrt können bestimmte Kundenkategorien ein Opting-out erklären und damit einen geringeren Kundenschutz erhalten.

Ein Opting-in (= höherer Kundenschutz) erklären können:

  • Institutionelle Kunden, dass sie als professio-nelle Kunden gelten möchten;
  • Vorsorgeeinrichtungen, Unternehmen mit pro-fessioneller Tresorerie, grosse Unternehmen und private Anlagestrukturen mit professioneller Tresorerie, die für Privatkunden errichtet wur-den, dass sie als Privatkunden gelten möchten.

sie als Privatkunden gelten möchten.

Ein Opting-out (= geringerer Kundenschutz) erklären können:

  • Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen mit professioneller Tresorerie, dass sie als instituti-onelle Kunden gelten wollen;
  • Vermögende Privatkunden, dass sie als profes-sionelle Kunden gelten wollen.

Als vermögender Privatkunde gilt, wer entweder aufgrund seiner persönlichen Ausbildung und der beruflichen Erfahrung oder aufgrund einer ver-gleichbaren Erfahrung im Finanzsektor über die notwendigen Kenntnisse verfügt, um die Risiken der Anlagen zu verstehen, und über ein Vermögen von mindestens CHF 500'000 verfügt, oder wer über ein Vermögen von mindestens CHF 2 Mio. verfügt. Das Vermögen umfasst gemäss E-FIDLEV Finanzanla-gen, die direkt oder indirekt im Eigentum des Privat-kunden stehen, wie Bankguthaben auf Sicht oder auf Zeit, Wertpapiere inkl. kollektive Kapitalanlagen, strukturierte Produkte, Derivate, Edelmetalle, Le-bensversicherungen mit Rückkaufswert und Treu-handanlagen. Direkt gehaltene Immobilien und Ansprüche aus Sozialversicherungen dürfen nicht zum Vermögen gerechnet werden.

Privatkunden, die nicht wie oben ausgeführt vermö-gend sind, können kein Opting-out machen. Für sie gilt stets der volle Kundenschutz des FIDLEG.

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