1. Ausgangslage

Mit Entscheid BGer 2C_168/2017 vom 26. Oktober 2017 weitete das Bundesgericht den Tatbestand der Steuerumgehung auf eine Unternehmensnachfolge aus, die weder eine Transponierung noch eine indirekte Teilliquidation zur Folge hatte. In der nachfolgenden Urteilsdiskussion wird zuerst der Sachverhalt erläutert, anschliessend die rechtlichen Grundlagen der in Frage kommenden Steuertatbestände besprochen und zum Schluss diskutiert, welche Punkte dieses Entscheids kritisch zu betrachten sind.

2. Sachverhalt

A.D. ist Alleinaktionär der E. AG mit Sitz in U./SZ. Sein Vater C.D. war Inhaber von 100% der Aktien der F. AG, die ebenfalls ihren Sitz in U./SZ hat und deren Aktienkapital aus 5'000 voll liberierten Aktien à CHF 500 besteht. Am 1. Januar 2011 verkaufte C.D. 2'500 Aktien der F. AG zum Preis von CHF 3.1 Mio. an die E. AG. Der Kaufpreis wurde als unverzinsliches Darlehen von C.D. gegenüber der E. AG stehengelassen. Mit Schenkungsvertrag vom 20. Dezember 2011 trat C.D. von seinem Darlehensguthaben gegenüber der E. AG per 31. Dezember 2011 den Teilbetrag von CHF 1.55 Mio. an seinen Sohn A.D. ab.

Die kantonale Steuerverwaltung Schwyz qualifizierte dieses Vorgehen als Transponierung und besteuerte A.D. sowie seine Ehefrau für das Steuerjahr 2011 mit einem steuerbaren Einkommen von CHF 725'000, einschliesslich Einkünften in der Höhe von CHF 555'000 aus Transponierung.

Die kantonale Steuerverwaltung Schwyz kam mit Einspracheentscheid vom 26. August 2015 auf ihren Entscheid zurück und hiess die Einsprache von A.D. gut. Das Verwaltungsgericht Schwyz wies mit Entscheid vom 15. Dezember 2016 eine Beschwerde der eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) gegen den Einspracheentscheid ab.

Daraufhin erhob die ESTV beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich rechtlichen Angelegenheiten. Mit Entscheid vom 26. Oktober 2017 hiess das Bundesgericht die Beschwerde der ESTV gut und qualifizierte das Vorgehen von A.D. als Steuerumgehung.

3. Transponierung, indirekte Teilliquidation und Steuerumgehung

Dem Bundesgericht standen insgesamt drei mögliche Tatbestände zur Verfügung, anhand derer sie das Vorgehen von A.D. steuerrechtlich beurteilen konnte: die Transponierung, die indirekte Teilliquidation und die Steuerumgehung. Um den Hintergrund dieser Tatbestände besser nachvollziehen zu können, wird nachfolgend kurz der Ursprung der Transponierung und der indirekten Teilliquidation erläutert, anschliessend genauer auf die einzelnen Steuertatbestände eingegangen, wobei sogleich erörtert wird, ob diese Tatbestände vorliegend in Frage kamen oder nicht.

3.1 Der Erbenholdingfall

Das Bundesgericht weitete seine Rechtsprechung in Bezug auf die indirekte Teilliquidation mit dem sog. Erbenholdingfall (BGer 2A_331/2003 vom 11. Juni 2004) in einem solchen Masse aus, dass es auch die zu einer Darlehensamortisation zukünftig erwirtschafteten Mittel der übertragenen Gesellschaft als tatbestandsmässig erachtete. Dieser Entscheid wurde seitens Lehre und Politik derart kritisiert, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II die Transponierung sowie die indirekte Teilliquidation ins Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer ("DBG") miteinbezog, um den Erbenholdingentscheid des Bundesgerichts zu korrigieren und mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

3.2 Transponierung

3.2.1 Voraussetzungen

Der Gesetzgeber hat sodann in Art. 20a Abs. 1 lit. b DBG die Transponierung definiert. Eine solche liegt vor, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • eine Beteiligung des Privatvermögens wird in das Geschäftsvermögen einer Personenunternehmung oder einer juristischen Person übertragen (Systemwechsel);
  • es handelt sich um eine Beteiligung von wenigstens 5% am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (qualifizierte Beteiligung);
  • die übernehmende Personenunternehmung oder juristische Person wird zu mehr als 50% von der übertragenden Person beherrscht (Beherrschung); und
  • die Gegenleistung übersteigt den Nennwert und die Reserven aus Kapitaleinlagen der übertragenen Beteiligung.

3.2.2 Subsumtion

Eine Transponierung kann vorliegend nicht gegeben sein, weil das Gesetz den zeitlichen Ablauf der Transponierung genau regelt, indem der Veräusserer die Veräusserung der qualifizierten Beteiligung selbst herbeiführen müsste. Der Erwerb einer Kaufpreisforderung gegenüber der selbst beherrschten Gesellschaft, wie dies im vorliegenden Fall von A.D. und seinem Vater gehandhabt wurde, wird demgemäss von Art. 20a Abs. 1 lit. b DBG nicht abgedeckt.

3.3 Indirekte Teilliquidation

3.3.1 Voraussetzungen

Gemäss Art. 20a Abs. 1 lit. a DBG fällt aus dem Verkauf von Beteiligungsrechten steuerbarer Ertrag aus beweglichem Vermögen an, sofern folgende Tatbestandselemente kumulativ erfüllt sind:

  • die Übertragung erfolgt durch Verkauf (Verkauf);
  • der Verkauf umfasst eine Beteiligung von mindestens 20% am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (qualifizierende Beteiligung);
  • der Verkauf erfolgt aus dem Privat- in das Geschäftsvermögen einer anderen natürlichen oder juristischen Person (Systemwechsel);
  • innerhalb von 5 Jahren nach dem Verkauf erfolgen Ausschüttungen (Ausschüttungsfrist);
  • bei den Ausschüttungen handelt es sich um Substanzentnahmen (Ausschüttung);
  • die ausgeschüttete Substanz war im Zeitpunkt des Verkaufs bereits vorhanden, handelsrechtlich ausschüttungsfähig und nichtbetriebsnotwendig (ausschüttungsfähige Reserven); und
  • der Verkäufer weiss oder muss wissen, dass der Gesellschaft zwecks Finanzierung des Kaufpreises Mittel entnommen und nicht wieder zugeführt werden (Mitwirkung).

3.3.2 Subsumtion

Durch den Verkauf werden die Beteiligungsrechte aus dem Privatvermögen des Verkäufers in das Geschäftsvermögen einer natürlichen oder einer juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz im In- oder Ausland überführt (Systemwechsel). Im vorliegenden Fall ist dieses Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt, da durch die Abtretung des Darlehens vom Vater C.D. an seinen Sohn A.D. kein Systemwechsel vom Privat- ins Geschäftsvermögen stattgefunden hat. Insofern kann auch der Tatbestand der indirekten Teilliquidation nicht auf den vorliegenden Fall angewandt werden. Kommt hinzu, dass A.D. das Verkäuferdarlehen von seinem Vater geschenkt erhielt. So waren er bzw. die E. AG gar nicht auf Ausschüttungen aus der übernommenen Gesellschaft angewiesen, um die unentgeltlich erworbenen Anteilsrechte zu finanzieren. Die Vermeidung einer indirekten Teilliquidation stellte demnach keine praktische Herausforderung dar. Insofern war auch der Tatbestand der Ausschüttung von Substanzentnahmen vorliegend nicht erfüllt.

Da weder der Tatbestand der Transponierung noch der indirekten Teilliquidation erfüllt waren, prüfte das Bundesgericht, ob allenfalls eine Steuerumgehung vorliegen könnte.

3.4 Steuerumgehung

3.4.1 Voraussetzungen

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt eine Steuerumgehung vor, wenn eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich erscheint (objektives Element), anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich nur getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären (subjektives Element) und das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde (effektives Element), sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde.

3.4.2 Subsumtion

Das Bundesgericht bejahte den Tatbestand der Steuerumgehung, indem es argumentierte, dass das Darlehensverhältnis betreffend die Person des Rückzahlungsempfängers simuliert war, da von Beginn weg intendiert gewesen sei, dass der Sohn von A.D. begünstigt werde (objektives Element). Zudem habe C.D. bereits beim Verkauf der Aktien an die E. AG am 1. Januar 2011 die Absicht gehegt, seinem Sohn eine unentgeltliche Zuwendung zukommen zu lassen. Für die Annahme der Steuerumgehung genüge, wenn andere blosse Steuerersparnisgründe bei der Rechtsgestaltung keine relevante Rolle spielen. Weiter sei die von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen worden, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären, weshalb auch das subjektive Element der Steuerumgehung gegeben sei. Schliesslich hätte das von den Parteien gewählte Vorgehen zu einer erheblichen Steuerersparnis geführt, würde sie von den Steuerbehörden hingenommen (effektives Element).

4. Schlussfolgerung

Die Rechtsprechung des Bundesgerichts in diesem Fall zeigt auf, dass das Risiko einer Steuerumgehung nur schwer fassbar ist. Mit den drei Elementen der Steuerumgehung täuscht diese Praxis eine Klarheit und Rechtssicherheit vor, die in Tat und Wahrheit nicht vorhanden ist. So wurden über die letzten Jahrzehnte weder eine nachvollziehbare Definition für die drei Einzelelemente noch eine klare Abgrenzung zwischen diesen Elementen entwickelt. Die Frage, ob eine ungewöhnliche, sachwidrige oder absonderliche Rechtsgestaltung vorliegt, die in Umgehungsabsicht gewählt wurde, ist nur sehr schwer nachvollziehbar. Dies stellt für den Steuerpflichtigen eine grosse Herausforderung dar und erleichtert eine Rechtssicherheit bei der Übertragung eines Familienunternehmens in keiner Weise. Selbst wenn die Steuertatbestände der Transponierung oder der indirekten Teilliquidation im Falle einer Unternehmensnachfolge nicht erfüllt sind, besteht nach diesem Urteil des Bundesgerichts dennoch das Risiko, dass eine gewählte Steuerlösung als Steuerumgehung qualifiziert werden könnte. Dieses vom Bundesgericht neu geschaffene Steuerrisiko muss zukünftig in der steuerlichen Beurteilung einer Unternehmensnachfolge genau beachtet und berücksichtigt werden.

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