I. Änderungen

Ausweitung der Stifterrechte

Neu kann auf Antrag des Stifters oder aufgrund dessen Verfügung von Todes wegen die Organisation der Stiftung (auch in wesentlichen Punkten) verändert werden. Damit werden die Einflussmöglichkeiten der Stifter erheblich gestärkt.

Bereits seit 2006 haben die Stifter die Möglichkeit, den Zweck der Stiftung zu ändern, sofern eine solche Zweckänderung in den Statuten vorbehalten wurde (Art. 86a Abs. 1 ZGB). Art. 86a Abs. 1 nZGB wird nun somit um das Recht zur Organisationsänderung ergänzt.

Wichtig ist, dass die Stiftungsstatuten das Recht der Stifter auf Organisations- und/oder Zweckänderung ausdrücklich vorsehen. Der Organisationsänderungsvorbehalt soll bereits vor Inkrafttreten der neuen Stiftungsbestimmungen in die Statuten aufgenommen werden können, sofern die Gründungsurkunde nach dem 30. Juni 2022 unterzeichnet wurde.

Welche Flexibilitäten werden für die Stifter im Rahmen dieser Revision neu geschaffen?

Die Stifter können beispielsweise Familienmitgliedern oder Vertretern von Organisationen einen Anspruch auf einen Sitz im Stiftungsrat einräumen sowie Organe aufheben oder neue schaffen. Zudem kann neu eine bisher nicht veränderbare Bestimmung, wonach das Stiftungsvermögen erhalten werden muss oder verbraucht werden kann, abgeändert werden. Sodann kann die Berechtigung für die Wahl und Abwahl von Stiftungsratsmitgliedern neu geregelt werden. Es kann sogar ein Vetorecht zugunsten des Stifters bei der Beschlussfassung des Stiftungsrates eingeräumt werden.

Diese Flexibilität erleichtert eine Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen hinsichtlich der Stiftung und bietet damit mehr Gestaltungsraum. Insbesondere bei einem in den Statuten vorgesehenen Zweckänderungsvorbehalt wird es äusserst hilfreich sein, diesen künftig mit dem Organisationsvorbehalt kombinieren zu können. Dadurch werden die Rechte der Stifter gestärkt und sie können auch nach Errichtung der Stiftung noch erheblichen Einfluss auf die Stiftung nehmen. Im Gegenzug können die verstärkten Einflussmöglichkeiten der Stifter aber auch zu einer Schwächung der Unabhängigkeit der Stiftung führen, da die Stifter diese Organisationsänderungen auch ohne Rücksprache mit dem Stiftungsrat oder sogar gegen dessen Willen beantragen und durchsetzen können.

Die Stifter können solche nachträglichen Änderungen mehrmals beantragen, wobei zwischen der Stiftungserrichtung bzw. einer früheren Änderung und einem erneuten Änderungsantrag mindestens zehn Jahre liegen müssen. Ausserdem können nur die Stifter selbst solche Änderungen beantragen, da das Änderungsrecht weder übertragbar noch vererblich ist.

Erleichterungen bei Änderungen von Stiftungsstatuten

In formeller Hinsicht gibt es zwei Neuerungen betreffend die Änderungen von Stiftungsstatuten:

  • Die bisherigen Voraussetzungen für unwesentliche Änderungen der Stiftungsstatuten werden gelockert. So genügt es nach neuen Recht, dass die Änderungen sachlich gerechtfertigt sind und keine Rechte Dritter beeinträchtigen (Art. 86b nZGB). Unwesentliche Änderungen müssen nicht wie bisher mit «triftigen sachlichen Gründen» gerechtfertigt werden. Unwesentlich ist eine Änderung, wenn sie das Wesen der Stiftung nicht grundlegend verändert, wie zum Beispiel die Einführung einer Revisionsstelle, die Verlegung des Sitzes oder Amtszeit- bzw. Altersbeschränkungen für Stiftungsratsmitglieder. Auch die Änderung des Namens der Stiftung ist als unwesentliche Änderung zu qualifizieren.
  • Art. 86c nZGB stellt klar, dass Änderungen der Stiftungsstatuten gemäss Art. 85-86b ZGB nicht der öffentlichen Beurkundung bedürfen. Es genügt die Änderungsverfügung der zuständigen eidgenössischen oder kantonalen Behörde, bei welcher die Änderungen beantragt werden.

Stiftungsaufsichtsbeschwerde

Die Stiftungsaufsichtsbeschwerde war bisher in der Praxis zwar anerkannt, im Gesetz aber nicht ausdrücklich geregelt. Neu wird sie in Art. 84 Abs. 3 nZGB verankert, wobei die Begünstigten oder Gläubiger der Stiftung, die Stifter oder Zustifter sowie die ehemaligen und gegenwärtigen Stiftungsratsmitglieder abschliessend als beschwerdeberechtigt aufgeführt werden, sofern sie ein Interesse an der gesetzmässigen und der Stiftungsurkunde entsprechenden Verwaltung der Stiftung nachweisen können.

Diese beschwerdeberechtigten Personen können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.

II. Verpasste Chancen: Keine Regelung zur Vergütungsmöglichkeit bei steuerbefreiten Stiftungen

Ein zentrales Anliegen der Reform war ursprünglich die Schaffung einer gesetzlichen Regelung über die Zulässigkeit einer angemessenen Vergütung für die Tätigkeit von Stiftungsräten, ohne der Stiftung die Steuerbefreiung zu entziehen. Das Erfordernis, dass Stiftungsräte steuerbefreiter Stiftungen ihre Verantwortung und Tätigkeit ehrenamtlich und damit unentgeltlich wahrnehmen, schränkt die Auswahl fähiger und engagierter Stiftungsräte erheblich ein und gefährdet die Professionalität steuerbefreiter Stiftungen. Die Zulässigkeit einer angemessenen Entschädigung hätte die Attraktivität und Professionalität des Stiftungsstandortes Schweiz erhöhen sollen. Leider scheiterte eine solche Änderung der Entschädigungsmöglichkeiten für Stiftungsorgane an der ablehnenden Haltung des Gesetzgebers.

Die kantonalen Steuerbehörden verfügen somit mangels einheitlicher Regelung über einen erheblichen Ermessensspielraum bei der Steuerbefreiung, insbesondere bei der Auslegung des Begriffs «moderate Sitzungsgelder», welche teilweise toleriert werden. Die unterschiedlichen kantonalen Massstäbe führen zu grossen Unterschieden in der Steuerpraxis und folglich zu einer Rechtsunsicherheit. Anscheinend steht auch die eidgenössische Stiftungsaufsicht dieser strikten Haltung der Steuerbehörden kritisch gegenüber, so enthalten die aktuellen Musterstatuten der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht neu eine Klausel, die ausdrücklich eine angemessene Vergütung für die Stiftungsratstätigkeit vorsieht.

Ungeachtet der fehlenden einheitlichen Regelung erweist sich die Voraussetzung der ehrenamtlichen Tätigkeit von Stiftungsräten als überholt und steht im Widerspruch zur zunehmend geforderten Professionalisierung des Stiftungsstandortes Schweiz. Es bleibt abzuwarten, ob die jeweiligen Steuerverwaltungen ungeachtet der aktuellen Gesetzesrevision eine Praxisänderung anstreben.

III. Schlussbemerkung

Die punktuellen Änderungen des Stiftungsrechts vereinfachen die Änderungen von Stiftungsurkunden, kodifizieren die Stiftungsaufsichtsbeschwerde und erweitern die nachträglichen Einflussmöglichkeiten des Stifters erheblich. Die dadurch bewirkte Flexibilität kann den Stiftungsstandort Schweiz attraktiver machen, führt aber auch dazu, dass die Stiftung zu Lebzeiten des Stifters in einem Abhängigkeitsverhältnis zu diesem bleibt. Dass die Änderungen dem wohl wichtigsten Anliegen der Reform, nämlich der Vergütungsmöglichkeit für steuerbefreite Stiftungen nicht Rechnung tragen, stösst bekanntlich bei den verschiedenen Interessensgruppen des Stiftungssektors auf grossen Unmut und wird als verpasste Chance zur Stärkung und Professionalisierung des Stiftungsstandortes Schweiz betrachtet.

Die Modernisierung und Flexibilisierung des schweizerischen Stiftungssektors ist damit für den Gesetzgeber erfreulicherweise noch nicht abgeschlossen. Am 12. Dezember 2023 hat der Ständerat eine Motion zur Liberalisierung der Familienstiftungen angenommen. Durch die Aufhebung bzw. Anpassung des Art. 335 ZGB sollen Familienstiftungen mit Unterhaltszweck künftig wieder zulässig sein. Insbesondere nach der Ablehnung des Schweizer Trusts besteht damit die Hoffnung, in der Schweiz ein zusätzliches Instrument der Vermögens- und Nachlassplanung analog zum ausländischen Trust zu schaffen, um in Zukunft nicht mehr auf ausländische Lösungen zurückgreifen zu müssen. Die Entwicklung dieses Gesetzgebungsverfahrens wird mit Spannung weiterverfolgt.

Originally published 20.12.2023.

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